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Ich kann es gleich begreifen. Rafael Nadal nach seinem großen Triumph. Foto: AFP

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Sport: Die Tränen des Siegers

Nach aufreibendem Kampf gewinnt Nadal zum siebten Mal in Paris und schreibt Tennis-Geschichte.

Im Augenblick der Gewissheit, da konnte Rafael Nadal endlich loslassen. Er sank hinter der Grundlinie auf die Knie und schrie seine Freude mit letzter Kraft heraus. Dabei liefen ihm Tränen übers Gesicht. Wann hatte man den Mallorquiner, der stets mit der Aura eines wild entschlossenen Kriegers seine Gegner einschüchtert, je weinen sehen? Bei seinen ersten sechs Siegen bei den French Open in Roland Garros hatte Nadal nicht geweint, gestern tat er es. Mit dem 6:4, 6:3, 2:6 und 7:5-Triumph über Novak Djokovic schrieb er nicht nur Tennisgeschichte, es war auch der Sieg, den er sich am schwersten erarbeiten musste. Nie zuvor hatte es ihn in einem Pariser Endspiel größere Anstrengung gekostet, nie musste er so an seine Grenzen gehen wie in diesem zwei Tage andauernden Nervenspiel.

Umso ausgelassener feierte er diesen Moment. Übermütig kletterte Nadal in seine Box, umarmte überschwänglich seine Familie, die Freunde, und die wollten ihn gar nicht wieder loslassen. Auch Toni Nadal nicht, sein Onkel Toni. Jener Mann, der Rafael Nadal seit seinem vierten Lebensjahr getriezt und streng angeleitetet hatte, und der nun am stürmischsten gedrückt wurde. Nadal wusste, wem er es mitzuverdanken hatte, dass er den schwedischen Altmeister Björn Borg überflügeln konnte und als erster Spieler überhaupt zum siebten Mal den silbernen „Coupe des Mousquetaires“ in Händen hielt. „Ich kann nur Danke sagen, das ist alles einfach unglaublich", sagte Nadal gerührt auf dem Court Philippe Chatrier, „Roland Garros ist das wichtigste Turnier für mich. Hier zu gewinnen, sind immer die Momente meiner Karriere, die mir am meisten bedeuten.“

Es hatte am Ende zwei Tage, 3:48 Stunden und unendlich viele Nerven gekostet, bis Nadal am Ziel war. Und bei diesem Rendezvous mit der Geschichte hatte auch für Djokovic eine Menge auf dem Spiel gestanden. Der Serbe hätte mit einem Sieg der dritte Spieler seit Don Budge und Rod Laver werden, der alle vier Grand-Slam-Trophäen zur selben Zeit besitzt. Nur Laver war dieses Kunststück innerhalb eines Kalenderjahres gelungen, und das sogar zweimal (1962 und 1969). Doch den „Nole-Slam“ und damit auch seinen ersten Titel in Paris hatte Nadal dem Weltranglisten-Ersten nun vermiest. „Ich bin sehr enttäuscht, aber er ist auf Sand einfach der beste Spieler der Geschichte", sagte Djokovic.

Nadal war ohne Satzverlust und mit lediglich 35 abgegebenen Spielen und einem Break ins Finale gestürmt. Seine Paris-Bilanz hatte er auf furiose 51:1 Siege geschraubt. Daher sagte Djokovic vorab: „Das ist die ultimative Herausforderung.“

Die enorme Anspannung war beiden Akteuren anzumerken, als sie am Sonntag bei verhangener Wolkendecke den Platz betraten. Der Nieselregen machte es beiden nicht einfach. Die Ballwechsel wurden lang und mitunter zäh. Außer, als der Ball 44-mal übers Netz flog. Djokovic' Aufschlagquote war schwach, ihm unterliefen 53 leichte Fehler, fast doppelt so viele wie Nadal. Der haderte dafür mit den aufgeweichten Bällen, mit denen er seinen gefürchteten Linkshänder-Spin nicht mehr anbringen konnte. Die Nerven lagen schnell blank. Djokovic hackte mit seinem Schläger ein Stück aus der Holzverkleidung seiner Bank heraus, Nadal beschimpfte den Schiedsrichter.

Acht Spiele in Folge hatte Nadal bis zum 1:2 im vierten Satz abgegeben, als die Bedingungen zu schlecht wurden. Der Schlussakt wurde auf Montag vertagt. Nadal kam auch damit besser zurecht als Djokovic, der sofort das Rebreak kassierte. Dann Matchball, Doppelfehler Djokovic. Nadal sank auf die Knie.

Das lief verletzungsfrei ab. Die dicke Schramme auf der linken Wange erhielt Nadal, als er den Coupe samt Marmorfuß etwas zu stürmisch emporreckte. 14 Kilo wiegt die Trophäe, schwerer war nur der Sieg für Nadal gewesen.

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