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Sport: Die Trotzigen

Schalke findet beim Hin und Her zwischen Erfolg und Misserfolg keine Ruhe

Berlin - Die blau-weißen Gestalten hatten gute Laune. Das Spiel war seit mehr als einer Stunde beendet, 4:1 hatten die Blau- Weißen gewonnen, doch es waren die Fans der anderen Blau-Weißen, die Anhänger des FC Schalke 04, die fröhlich singend das Olympiastadion verließen. Man muss Fußballfans nicht immer verstehen. Manchmal stehen sie nach einem 1:4 ihrer Mannschaft an den Stadiontoren und drohen den Spielern körperliche Gewalt an; manchmal feiern sie eine niederschlagende Niederlage, so wie die in Berlin. „In fünf Wochen sind wir wieder da!“, riefen sie zum Abschied. In fünf Wochen spielt Schalke wieder im Olympiastadion: im DFB-Pokalfinale gegen Bayern München.

Für die Fans ist das Endspiel in Berlin immer noch ein großes Erlebnis; für den Verein, der vor allem wirtschaftlich denken muss, ist der DFB-Pokal allenfalls eine nette Zugabe. Ob diese Saison für Schalke ein erfolgreiches Ende findet, wird sich zum Zeitpunkt des Pokalfinales längst entschieden haben. Wichtig ist allein, ob die Mannschaft die Champions League erreicht oder ob sie sich mit dem weit weniger lukrativen Uefa-Cup wird zufrieden geben müssen. Dass Schalke vor gar nicht langer Zeit sogar noch mehr wollte, scheint schon fast vergessen.

Sechs Wochen ist es her, dass Schalke nach dem Heimsieg gegen Bayern München die Tabellenspitze der Fußball-Bundesliga erobert hatte. Der Klub und seine Fans träumten von der ersten Meisterschaft seit 1958, doch seitdem hat die Mannschaft vier von fünf Spielen verloren. „Eine denkbar ungünstige Phase“, sagte Trainer Ralf Rangnick nach der Niederlage bei Hertha BSC.

Inzwischen haben die Schalker nicht nur die Chance auf den Titel verspielt, selbst die Qualifikation für die Champions League ist noch einmal in Gefahr geraten. Vor sechs Wochen betrug der Vorsprung auf Platz vier noch neun Punkte, davon sind fünf Spieltage später nur noch drei geblieben. „Wenn man auf die Tabelle schaut, sieht das immer noch wunderbar aus“, sagte Ebbe Sand, der gegen Hertha das zwischenzeitliche 1:1 erzielt hatte. „Wir sind Zweiter.“ Trainer Rangnick glaubt sogar, dass viele Klubs Schalke um diese Position beneiden. „Selbst die würden gerne mit uns tauschen“, sagte er und wies auf Herthas Manager Dieter Hoeneß.

Was die Schalker zurzeit sagen, klingt alles sehr trotzig, vielleicht sogar ein bisschen ängstlich. Sie sind seltsam hin- und hergerissen zwischen Erfolg und Misserfolg, zwischen Hoffen und Bangen – im Großen wie im Kleinen. Im Herbst, als Rangnick Trainer in Gelsenkirchen wurde, war die Mannschaft Vorletzter. Gemessen daran wäre sogar Platz fünf ein Erfolg. Das Problem ist, dass Schalke mehr wollte – und immer noch will. Die vergangene Woche hat die Zerrissenheit noch einmal auf die Spitze getrieben. Die 1:2-Niederlage gegen den Hamburger SV am vorigen Wochenende hat alle realistischen Hoffnungen auf den Meistertitel zerstört. Drei Tage später löste der spektakuläre Sieg gegen Werder Bremen im Pokalhalbfinale ein neues Stimmungshoch auf Schalke aus, das wiederum nur vier Tage später mit dem 1:4 bei Hertha ein schnelles Ende fand.

„Ich will Champions League spielen“, sagte Ralf Rangnick. „Und wir haben nach wie vor alle Chancen.“ Vier Spiele sind es noch, in denen die Schalker ihren Vorsprung über die Runden retten müssen. Wenn sie diese vier Spiele gewinnen, „dann können alle anderen spielen, wie sie wollen“, sagte Rangnick.

Vor sechs Wochen, als Schalke ganz oben stand, haben sie vermutlich das Gleiche gedacht.

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