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Sport: Die Vermittler wollen sich vermitteln

Spieleragenten kämpfen gegen ihren schlechten Ruf – mit einem eigenen Verband und neuen Regeln

Berlin - Die Vielzahl der Berufsverbände in Deutschland ist erstaunlich: Die Pfarrsekretärinnen haben einen, die Laktationsberaterinnen (Milchabsonderung aus der Brustdrüse), die Eurythmisten (Gleichmaß von Bewegungen) – und seit einem Jahr auch die Spielervermittler. Den brauchen sie auch: In der Branche eilt ihnen ein zweifelhafter Ruf voraus.

Allein in der vergangenen Saison überwiesen die Klubs der Ersten und Zweiten Bundesliga 45 Millionen Euro an Spieleragenten. Knapp 250 sind beim DFB offiziell lizenziert. „Gute Arbeit“ konstatiert der Chef der Deutschen Fußballspieler- Vermittler-Vereinigung (DFVV) Karl- Heinz Thielen den registrierten Kollegen. Gleichwohl sind im Profifußball nicht nur lizenzierte Berater unterwegs, sondern auch viele Provisionsjäger, die – wenn überhaupt – einen Rechtsanwalt vorschalten, der nach Verbandsstatut keine Lizenz benötigt. „Hier sind die Vereine gefragt“, sagt Thielen, der früher in Köln selbst Profi war. Kein Berater könne komische Geschäfte machen ohne Hilfe der Klubs.

Der Verband soll nun Licht in die diskreten Geschäfte bringen. „Wir müssen raus der Schmuddelecke“, sagt DFVV-Geschäftsführer Gregor Reiter. „Dass das der Besteigung des Mount Everest gleichkommt, ist uns klar.“ Der Rechtsanwalt und Sportrechtler kam überraschend zu seiner Funktion. Als sich vergangenes Jahr die niederländische Vereinigung gründen wollte, wurde er angesprochen, welcher deutsche Vertreter denn einzuladen sei. Schließlich kam er selbst. Später entwarf Reiter eine Verbandssatzung, kümmerte sich um die Eintragung ins Vereinsregister und wickelt seitdem über seine Kanzlei in Oberhausen gegen eine „kleine Aufwands-Entschädigung“ den administrativen Teil der Verbands-Arbeit ab. Sein Vorstand arbeitet ehrenamtlich.

Auslöser der vielen Aktivitäten war auch das „Weißbuch Sport“. Dieses Dokument der Europäischen Union enthält Vorschläge für die Sportpolitik in Europa. 20 Zeilen sind darin den Spieler-Agenten gewidmet – und die haben es in sich: Laut Europäischer Kommission gibt es Berichte über missbräuchliche Praktiken bei einigen Spieleragenten, die zu Korruption, Geldwäsche und Ausbeutung minderjähriger Spieler geführt haben. Deshalb nahm die Kommission eine „Folgenabschätzung“ vor, um einen Überblick über die Tätigkeit von Spieleragenten in der EU zu gewinnen. Dabei sollen die Vermittler-Vereinigungen helfen – auch die deutsche.

Nun kommt Bewegung in den Markt. „Wir sind froh, dass sich die Spielerberater zusammen geschlossen haben“, sagt Holger Hieronymus, Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga. Die DFL hat nach dem Vorbild der englischen Premier League festgelegt, dass alle Vermittler bei der Liga registriert sein und die Honorare festgelegt werden müssen – auch wenn Agenten von Spielern beauftragt werden. Bei Zuwiderhandlungen soll es Strafen geben. „Wir haben uns alle Transfers der vergangenen Periode angeschaut und einige Auffälligkeiten entdeckt“, berichtet Reiter. „Einen Fall haben wir dem DFB gemeldet“, Hierbei handelt es sich um umstrittene Transfers beim Zweitligisten TuS Koblenz, die dieser bestreitet. Dem Verein wurden wegen Verstößen gegen Lizenzierungs-Auflagen in der vergangenen Spielzeit sechs Punkte abgezogen, in diese Saison mussten die Koblenzer mit drei Minuspunkten starten.

Jürgen Rollmann

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