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Sport: Die Verschwörung nach dem Wunder

Italien fürchtet für das Vorrunden-Finale ein abgekartetes Spiel, das im Jahr 2007 begann

Rom - Nach dem Entsetzen über das 0:3 gegen die Niederlande, dem Schock des Elfmeters für Rumänien und dem Jubel über Gianluigi Buffons Parade kommen die italienischen Fußballfans nicht mehr aus dem Zittern heraus. Allerdings sind es weniger die Künste des letzten Gruppengegners Frankreich, die die Tifosi fürchten. Vielmehr wittern Experten und Fans ein abgekartetes Spiel in der parallel laufenden Partie zwischen Holland und Rumänien. Ließen die Niederländer, die als Gruppensieger feststehen, die Rumänen gewinnen, wäre das Ergebnis von Italiens Spiel gegen Frankreich bedeutungslos, beide WM-Finalisten von 2006 wären ausgeschieden.

Nach dem 1:1 gegen Rumänien am Freitag sehen sich viele Italiener als Opfer einer kleinen bis mittelgroßen Verschwörung, die ihren Anfang bereits im April 2007 genommen hat. Damals vergab die Uefa die EM 2012 an die Ukraine und Polen, Italiens Bewerbung scheiterte. Seitdem fühlt sich Italien vom europäischen Fußballverband benachteiligt. Erst wurden die Italiener in die schwerste Gruppe dieser EM gelost, dann traf Ruud van Nistelrooy höchst umstritten zum 1:0 für die Holländer. Und gegen Rumänien verweigerte Schiedsrichter Tom Henning Övrebö Luca Toni ein Kopfballtor und entschied kurz vor Schluss auf einen zweifelhaften Foulelfmeter für Rumänien. Buffons Abwehr feierten die Italiener als ein „Wunder“.

„Die Schiedsrichterfehler sind uns teuer zu stehen gekommen“, klagte Italiens Trainer Roberto Donadoni. Verbandspräsident Giancarlo Abete forderte von der Uefa eine ebenso schnelle Stellungnahme wie nach van Nistelrooys Treffer, der innerhalb kürzester Zeit von oberster Stelle für korrekt erklärt worden war. Offiziell Einspruch erheben will Abete aber nicht – so weit geht die Konfrontation nicht.

Auch wenn ein Remis gegen Rumänien nicht gerade zum Jubel verleitet: Donadoni hat sich mit dem 1:1 ein bisschen Luft verschafft. Nach der Blamage gegen Holland hatten italienische Medien noch seine Ablösung durch den Weltmeistermacher Marcello Lippi gefordert. Nach dem Rumänienspiel wurde weder Donadonis auf fünf Positionen veränderte Aufstellung noch der Einsatz der Spieler kritisiert, die Leistungssteigerung der Mannschaft ist allgemein anerkannt. Auch Außenverteidiger Gianluca Zambrotta, der mit einer zu kurzen, Kopfballrückgabe den Führungstreffer der Rumänen einleitete, wurde von Spott und harter Kritik verschont.

Nun wartet mit Frankreich das Team, das Italien vor zwei Jahren beim WM-Finale in Berlin im Elfmeterschießen besiegen konnte. Und wieder fiebert das Land der Begegnung entgegen, als wäre es ein Endspiel – auch wenn diesmal noch kein Pokal zu gewinnen, sondern nur die Qualifikation für das Viertelfinale zu vergeben ist. Es sei denn, die italienischen Verschwörungstheorien bewahrheiten sich und ein rumänischer Sieg macht aus dem großen Finale ein Spiel mit zwei Verlierern. Vincenzo Delle Donne

Vincenzo Delle Donne

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