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Sport: Die Welt entdeckt Angola

Das Team aus Afrika ist die Überraschung der WM – gegen Deutschland geht es heute um Platz zwei in der Gruppe B

Pau Gasol täuscht einen Schritt zur Mitte an, dann dreht sich der Basketballstar blitzschnell um die eigene Achse und zieht in der entgegengesetzten Richtung zum Korb. Mit dieser Bewegung narrt der 2,13 Meter große Spanier in der nordamerikanischen Profiliga NBA sonst seine Gegner, doch diesmal ist etwas anders. Im Hintergrund springt der acht Zentimeter kleinere Angolaner Abdel Moussa hoch und schmettert seinen Wurf wie ein Volleyballspieler zurück zur Freiwurflinie. Pau Gasol schüttelt verwundert den Kopf.

Die afrikanischen Mannschaften sind die positive Überraschung der Basketball-Weltmeisterschaft in Japan. Allen voran Angola, das gestern erst nach hartem Kampf dem Titelfavoriten Spanien mit 83:93 unterlag. „Wir haben heute der Welt gezeigt, dass wir mit jedem mithalten können“, sagte der Angolaner Joaquim Gomes. Mit drei Siegen in der Gruppe B ist sein Team bereits für das Achtelfinale qualifiziert und spielt heute (6 Uhr, live im DSF) gegen Deutschland um Gruppenplatz zwei. Nigeria hat am ersten Spieltag in der Gruppe A mit dem Sieg über Weltmeister Serbien den bisher größten Coup vollbracht und besitzt noch gute Chancen, das Achtelfinale zu erreichen. Dort könnten die Afrikaner auf Deutschland treffen. Nur der Senegal wartet noch auf den ersten WM-Sieg.

Centerspieler Joaquim Gomes versucht den Erfolg der Angolaner zu erklären. „Für uns ist das eine große Chance, uns der Welt zu präsentieren“, sagt der Centerspieler mit den Nackenzöpfchen. Sonst blickt die Welt eher selten nach Angola. Eigentlich nie. Gomes ist der einzige Nationalspieler, der sein Geld im Ausland verdient. Vor zwei Jahren spielte er für Rhein Energie Köln, zuletzt bei den Eiffel Towers in Holland. Alle anderen „Palancas Negras“, schwarze Antilopen, sind für heimische Klubs aktiv. Beim Senegal oder Nigeria hingegen spielen fast alle Akteure in den USA oder Europa. „Es kommen einfach keine ausländischen Talentsucher zu uns“, klagt Gomes, „sie gehen nach Senegal, Kamerun oder Nigeria, aber nicht nach Angola“. Er wisse auch nicht, woran das liege, vielleicht an der Sprache. „Woanders kommen sie mit Englisch oder Französisch durch, bei uns muss man aber Portugiesisch sprechen.“ Womöglich kam in der Vergangenheit auch kein Scout, weil 26 Jahre lang ein Bürgerkrieg in dem südostafrikanischen Land wütete. Er endete erst vor viereinhalb Jahren.

Für Angola hat es sich jedoch als Vorteil erwiesen, dass fast niemand im Ausland spielt. Das Team ist eingespielt und homogen. Es spielt auch den Rest des Jahres zusammen, fast alle Nationalspieler sind bei den beiden wichtigsten Klubs des Landes, Petro Atletico Luanda und Primero de Agosto Luanda, beschäftigt. „Das ist keine wild zockende Truppe“, sagt Volker Stix, der für das deutsche Team die Gegner beobachtet, „sie spielen uneigennützig und bewegen den Ball sehr gut.“ Basketball ist in Angola nach Fußball die wichtigste Sportart, Präsident Jose Eduardo dos Santos hat in seiner Jugend selber Basketball gespielt.

Bereits in der Vergangenheit glänzten die Angolaner international, seit 1999 gewinnen sie alle zwei Jahre die Afrikameisterschaft. Und das, obwohl andere afrikanische Länder bekanntere Spieler haben. Hakeem Olajuwon (Nigeria), Dikembe Mutombo (Kongo) oder Manute Bol (Sudan) waren die populärsten afrikanischen NBA-Spieler der neunziger Jahre, aktuell spielen beispielsweise Michael Olowokandi (Nigeria), Boniface N’Dong und DeSagana Diop (beide Senegal) in der besten Liga der Welt. Doch die größten mannschaftlichen Erfolge gelingen Angola. Bei der Weltmeisterschaft 2002 in Indianapolis belegte Angola Platz elf. „Wir werden in vier, fünf Jahren noch besser sein“, verspricht Trainer Alberto Carvalho, „wir trainieren sehr hart, und einige unserer 14- und 15-Jährigen haben eine große Zukunft vor sich.“

Vielleicht aber wird die Zukunft doch nicht so glänzend, denn der aktuelle Erfolg könnte so manchen weglocken. Zwar sagt Carvalho: „Viele Spieler bleiben lieber für etwas weniger Geld in ihrer Heimat und gehen nicht ins Ausland, wo sie die Sprache nicht sprechen können.“ Topspieler verdienten in seiner Heimat bis zu 8000 Dollar pro Monat. Angola, eine Mannschaft selbstloser, heimatverbundener Basketballer? Sein Englisch sprechender Kotrainer weiß es besser, er wartet allerdings, bis sein Vorgesetzter den Pressekonferenzraum verlassen hat. Dann sagt er: „Carvalho möchte gerne, dass seine Spieler bleiben, er ist mit ihnen mit Petro Atletico gerade Meister geworden.“ Womöglich wird ihm das nicht erneut gelingen. „Miguel Lutonda, Carlos Almeida und Eduardo Mingas haben mich bereits angesprochen“, sagt der Kotrainer, „ich soll ihnen hier einen Spielervermittler suchen.“

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