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Sport: Die Wutprobe

Nach seiner emotionalen Rede kann eine Pleite beim HSV Bruno Labbadia den Job in Stuttgart kosten.

Stuttgart - Eine Dienstreise nach Hamburg lässt Emotionen wach werden, zumindest bei Bruno Labbadia. Die Familie des Trainers lebt noch dort, obwohl Labbadia längst beim VfB Stuttgart arbeitet. Am Sonntag beim Hamburger SV gibt es ein Wiedersehen, nicht nur mit Frau und Kindern, die er ohnehin regelmäßig besucht.

Die Trennung rührt aus seiner Zeit als HSV-Trainer, die im April 2010 nach neun Monaten endete. Machtkämpfe mit seiner damaligen Mannschaft sowie zahlreiche Scharmützel mit Klubvorstand, Fans und Medien führten zu seiner Entlassung. Und festigten den Ruf, der Trainer Labbadia sei engstirnig, wogegen sich Labbadia immer wehrte. Ein Jahr zuvor hatten vergleichbare Umstände zur Trennung bei Bayer Leverkusen geführt.

An einem ähnlichen Punkt sind nach 22 Monaten nun der VfB Stuttgart und sein Cheftrainer Labbadia. Deshalb tauchen Schlagzeilen auf, die von einem Endspiel für den 46-Jährigen ausgehen, was nicht jeder Grundlage entbehrt. Im Falle einer deutlichen Niederlage bei seinem ehemaligen Klub könnte es für den Stuttgarter Labbadia eng werden. Der Coach lässt sich von dem Druck, der auf ihm lastet, wenig anmerken. „Ich bin entspannt“, sagte er am Freitag.

Dass er in Stuttgart noch einmal die Kurve kriegt, wird derzeit trotzdem bezweifelt. Zu tief erscheinen die Gräben zwischen Vereinsspitze und Cheftrainer. Es gab dazu Auseinandersetzungen mit Fans und Medien. Nur die angeblich angespannte Lage zwischen Trainer und Mannschaft will niemand bestätigen.

Hauptgrund für das Zerwürfnis zwischen Labbadia auf der einen und dem Verein auf der anderen Seite sind die unterschiedlichen Meinungen über die strategische Ausrichtung. Der VfB wünscht sich mehr Jugend in der Profimannschaft, Labbadia stehe dem nicht offen gegenüber, heißt es. Als der Klub vor wenigen Tagen den Bau eines neuen Jugendzentrums für rund 9,5 Millionen Euro beschloss, tauchte im Hintergrund die begleitende Frage auf, ob das mit Labbadia noch zusammenpasse.

Im Sommer 2011 gab es noch andere Bilder in Stuttgart zu sehen. Labbadia hatte den Verein, der in der Winterpause mit zwölf Punkten so gut wie abgestiegen war, gerettet und führte die Schwaben in der Saison darauf in die Europa League. Das Image eines Retters entstand. Von dem ist wenig geblieben. Wie zu Stein erstarrt stand Labbadia beim 2:2 gegen Leverkusen an der Seitenlinie und hörte die „Bruno raus“-Rufe von den Tribünen. Es folgte seine Wutrede. „Trainer sind nicht die Mülleimer für alle Leute“, sagte er und: „Entweder man geht als Trainer den schweren Weg des VfB mit oder am Arsch geleckt.“ Gestern versicherte Labbadia: „Die Wutrede spielt keine Rolle mehr.“

So groß die Unterstützung vieler Trainer-Kollegen ausfiel, so groß war auch die Verwunderung in Stuttgart. Aufsichtsratschef und Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt kritisierte den tobenden Labbadia anschließend scharf. Wie groß das Misstrauen immer noch ist, zeigen kolportierte Meinungen aus der Klubspitze. Dort sieht man Labbadia als nicht unbeteiligt an, wenn kritische Medienkommentare über den umstrittenen Klubchef Gerd Mäuser auftauchen. Die „Bild“-Zeitung hatte Mäuser diese Woche als „schlechtesten Präsidenten der Vereinsgeschichte“ bezeichnet. Oliver Trust

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