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Sport: "Dieser Sprung war nicht zu erwarten" - BMW-Sportchef über den erfolgreichen Formel-1-Einstieg

Gerhard Berger (40) war 1988, 1990 und 1994 Weltmeisterschaftsdritter in der Formel 1. Der Österreicher bestritt 210 Grand Prix und ist heute Sportdirektor bei BMW.

Gerhard Berger (40) war 1988, 1990 und 1994 Weltmeisterschaftsdritter in der Formel 1. Der Österreicher bestritt 210 Grand Prix und ist heute Sportdirektor bei BMW.

Dem großen Aufstieg folgte am Nürburgring der Absturz. Was war los bei BMW im sechsten WM-Lauf der Formel 1?

Der vergangene Sonntag war nicht unser Tag, obwohl wir auf Regenwetter gehofft hatten. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass die Strategie bei uns diesmal nicht perfekt war.

Hatten Ihre bisher sehr erfolgreich fahrenden Piloten an diesem Rückschlag mit Schuld?

Ralf Schumacher war unverschuldet in einen Unfall verwickelt worden. Da konnte er nichts mehr machen. Sehr schade ist es, dass Jenson Button erneut kurz vor Ende des Rennens ausgefallen ist. Aber Rückschläge dieser Art haben wir in unserem ersten Jahr durchaus eingeplant.

Wie charakterisieren Sie Ihre Fahrer, mit denen Sie so groß einsteigen konnten?

Ralf Schumacher ist jung, aggressiv und doch schon sehr erfahren, Jenson Button ein besonderes Talent.

Können Sie denn dem Eifelrennen auch eine positive Seite abgewinnen?

Ja, wir sind in der Konstrukteurs-WM weiterhin Dritter, Ralf bleibt in der Fahrerwertung auf Rang fünf.

Nach dem unerwartet erfolgreichen Einstieg von BMW müssten Sie eigentlich den 1. Oktober 1998 als einen Ihrer Glückstage sehen ...

Ja, das könnte man annehmen. Aber meine Arbeit bei BMW begann Monate früher. Zu meiner Freude ging die BMW-Führung das Thema Formel 1 äußerst cool an. Auch die persönliche Chemie hat sofort zwischen uns gestimmt.

Bei anderen Teams, die Ihrem wirtschaftlich gleichgestellt sind, dauerte der Weg zum Erfolg Jahre. Erschreckt Sie nicht die bisherige Bilanz?

Als erfolgreichster Motoreneinsteiger der zurückliegenden 30 Jahre zu gelten, das macht uns stolz. Aber die Bilanzen der anderen Teams sind für uns nicht wichtig.

Was dann?

Es gibt Konstellationen, dass man plötzlich sogar ein Rennen gewinnt. Wir wollen unser Projekt dahin bringen, dass wir aus eigener Kraft Rennen gewinnen können. Dafür braucht es ein Minimum von Jahren.

Und der Reifenhersteller Michelin spielt ab 2001 eine wichtige Rolle dabei ...

Starke Partner zu finden, das war von Anfang an unsere Philosophie.

Wie sehen Sie den Unterschied zwischen dem Rennfahrer Berger, der früher nur sich selbst zu vertreten hatte, und dem heutigen Repräsentanten eines Weltkonzerns?

Erst einmal musste ich den Rennfahrer-Egoismus ablegen. Das war eine ziemliche Umstellung. Jetzt sind meine Ziele der Marke BMW untergeordnet.

Aber Sie sind trotzdem noch Gerhard Berger geblieben?

Wohl nicht ganz der Alte. Das höhere Alter und die neue Aufgabe hinterlassen Spuren.

Der Romancier Thomas Mann hat einmal gesagt, dass Fleiß die meisterliche Form der Leidenschaft ist. Wie leidenschaftlich sind Sie?

Sehr. Ja, schon sehr.

Ist das auch der Grund gewesen, dass Sie es nach Ihrem Rücktritt als Rennfahrer nur ein Jahr zu Hause aushielten?

20 Jahre Motorsporterfahrung wirft man nicht so einfach weg. Es ist nicht einfach, sich blind in ein neues Abenteuer zu stürzen.

BMW hat die Sponsorpartnerschaft mit der Allianz bekannt gegeben. Das Geld war dafür wohl nicht allein entscheidend?

Das passt natürlich optimal, denn unser Streben nach noch mehr Sicherheit wird durch den Sponsornamen sehr gut dokumentiert. Als Rennfahrer habe ich mich schon immer sehr dafür eingesetzt.

David Coulthard ist kurz vor dem Grand Prix in Barcelona dem Tod knapp entkommen, allerdings bei einem Flugzeugabsturz. Sie fliegen ebenfalls eine Lear 31 ...

Dieser Vorfall ist für mich ein Anstoß, selbst noch intensiver alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Fliegen werde ich auch weiterhin. Es ist wie im Motorsport: Wenn dort ein Unfall passiert, denkt jeder viel intensiver nach. Man muss immer neue Maßstäbe setzen. Auch dieser Frage haben wir uns bei BMW von Anfang an gestellt.

Apropos Maßstäbe: BMW hat in den bisherigen sechs Rennen der Saison die eigenen so ziemlich über den Haufen geworfen. Sind Sie ein Tiefstapler?

Nein, ich habe nur die realistischen Möglichkeiten eines Neueinsteigers dargestellt. Ja, wir sind ein wenig besser. Dieser Sprung war nicht zu erwarten.

Frei nach Berthold Brecht, der einmal sagte, dass man von Altem lernen muss, um Neues zu machen. Wovon haben Sie geler nt?

Vor allem die Erfahrung war wichtig, dass ohne ein gutes Team auf allen Ebenen in der Formel 1 keine Erfolge zu schaffen sind.

Team, dass bedeutet auch Williams. Wie war früher Ihr Kontakt zu Frank Williams?

Sehr gut. Wir haben ständig miteinander verhandelt, waren uns aber nie über das Geld einig geworden. Heute gibt es diese Probleme nicht mehr.

Wie haben Sie als Scuderia-Pilot einst den Mythos Ferrari erlebt?

Den gibt es wirklich. Ich bin da gern mitgeschwommen. Doch ich bin überrascht worden, dass die Marke BMW durch seine Sportlichkeit und technische Kompetenz ebenfalls viele Türen öffnet. Es ist aber ganz anders als bei Ferrari. Dort sind eher Herz und Seele zu Hause. Das Gespräch führte Hartmut Moheit.

Mehr zum Thema unter www.gerhard-berger.at

Dem großen Aufstieg folgte am Nürburgri

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