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Sport: Dinner for One in Laufschuhen Warum Silvesterläufe

immer populärer werden

Berlin - Drei eng bedruckte Seiten im Plan der Laufgemeinde lassen keinen anderen Schluss zu: Silvesterläufe gibt es viele. Ein Blick in den Volkslaufkalender des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ergibt die stolze Summe von fast 100 Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet. Dabei begeben sich am 31. Dezember rund 100 000 Menschen an eine der Startlinien von Kiel bis ins schwäbische Gersthofen. An keinem anderen Tag des Jahres sind mehr Deutsche laufend unterwegs.

Berthold Mertes, Cheforganisator des wohl bekanntesten deutschen Silvesterlaufes in Trier, sagt: „Es hat sich zu einer Art Kult entwickelt.“ In diesem Jahr wird an der Mosel mit 1900 Teilnehmern ein neuer Rekord erwartet. Hinzu kommen 15 000 Zuschauer, die den Rundkurs in der Altstadt mit Trommeln, Trillerpfeifen und Konfetti umsäumen. Das war nicht immer so, Mertes erinnert sich nur zu gut an die bescheidenen Anfänge: „Ende der Achtzigerjahre waren das oft noch sehr trostlose Veranstaltungen.“ Mit Neid blickte man damals auf den berühmten, bereits seit 1925 bestehenden Silvesterlauf im brasilianischen São Paulo, der alljährlich eine fünfstellige Läuferzahl anzieht. Mittlerweile aber muss man sich auch in Deutschland nicht mehr hinter dem Vorbild aus Südamerika verstecken. „Inzwischen reden die Leute in Bietigheim vom Silvesterlauf, als ob sie zu einem Volksfestumzug gehen“, sagt Wilhelm Steffel. Für die Anziehungskraft der Jahresendläufe hat der Bietigheimer eine ganz einfache These: „Viele Menschen suchen nach Motivation, um ihre nachweihnachtliche Trägheit zu überwinden. Wenn man dann am 31. Dezember ein letztes Mal die Laufschuhe schnürt, dann kann man sich zufrieden selbst bescheinigen, noch einmal etwas getan zu haben.“ Berthold Mertes stimmt ihm zu. Während der Großteil der Deutschen am letzten Tag des Jahres hektisch die letzten Böller und Raketen einkaufe, „erleben unsere Läufer noch einmal den Befreiungsschlag zum Jahresende“. Es sei alles ein bisschen wie bei „Dinner for One“: „The same procedure as every year …“

Auch in Berlin wird gelaufen. Ab 12 Uhr geht es in Eichkamp mit den Schülerläufen los, der Hauptlauf über 9,9 Kilometer (Startschuss 13 Uhr) führt unter anderem über den Teufels- und den Drachenfliegerberg und wird den Läufern zum Jahresfinale noch einmal alles abverlangen. Kostüme sind beim letzten Lauf des Jahres nicht Pflicht, sorgen aber für zusätzlichen Spaß und werden auch prämiert. Noch zwei weitere Wettkämpfe gibt es heute in Berlin, außer in Eichkamp wird noch im Plänterwald sowie in Weißensee gelaufen.

Philip Häfner

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