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Diskriminierung: Tatort Stadion: Übergriffe mit System

"Schwule Sau!", "Scheiß Itaker!", "Zick, zack, Zigeunerpack!" Der deutsche Fußballfan schimpft gern. Gegen die Gastmannschaft, gegen den Schiedsrichter, die anderen Fans, das eigene Team. Doch oft sind Fangesänge mehr als nur Beschimpfungen.

Berlin - Fußball, das ist in den Köpfen einiger Anhänger noch immer das Spiel des weißen, heterosexuellen Mannes. Kein Platz für Ausländer, Frauen, Schwule und Behinderte.

„Diskriminierungen gehören zum Fußball-Alltag dazu“, sagt Eren Ünsal, Leiterin der Landesantidiskriminierungsstelle Berlin. „Es gibt nicht nur vereinzelte Beleidigungen und Übergriffe, sondern eine systematische Verankerung.“ In den Bundesligen ist das Problem nicht mehr so stark ausgeprägt wie früher: Spiele werden überwacht, die Polizei ist präsent, es gibt Stadionverbote. Aber in den unteren Ligen, im Amateurbereich, gibt es immer wieder Fälle von Gewalt und Diskriminierung – neben und auf dem Platz.

„Die Zahl von Spielabbrüchen und Gewalttätigkeiten nimmt insgesamt zwar ab, auch im Jugendbereich“, sagt Bernd Schultz, Präsident des Berliner Fußballverbands. „Aber wir haben immer noch Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus.“ Ein Fakt, der gerade im Trubel der „schwarz-rot-geilen“ Feierstimmung bei der WM 2006 unterging. Von wegen Sommermärchen: Nach dem verlorenen Halbfinale gegen Italien gab es mehrere Übergriffe auf italienische Restaurants und Imbisse. Und auch Nationalspieler Gerald Asamoah musste sich ob seiner ghanaischen Wurzeln die rechtsradikale Parole „Nein Gerald, du bist nicht Deutschland“ von der mittlerweile verbotenen Organisation „Schutzbund Deutschland“ anhören.

Viele Vereine haben seit Ende der achtziger Jahre Gegenbewegungen gegründet. Es gibt Fanvereinigungen, die Aktionswochen organisieren und antirassistische Turniere ausrichten. Seit 1993 auch das Bündnis Aktiver Fußballfans, das momentan mit der Ausstellung „Tatort Stadion 2“ durch Deutschland zieht. „Wir wollen über Diskriminierungen aufklären und die Fans sensibilisieren“, sagt Projektentwickler Martin Endemann.

Doch es gibt noch viel Arbeit: „Man muss sich nur mal ein D-Jugend-Spiel anschauen, die Kinder beschimpfen sich unter der Gürtellinie“, sagt Schultz. „Es würde schon helfen, wenn sich die Spieler vor dem Spiel die Hand geben und normaler miteinander umgehen.“

Die Ausstellung „Tatort Stadion 2“ ist noch bis zum 2. April (montags bis samstags, 11 bis 19 Uhr) im Goal, Ritterstraße 12-14, 10969 Berlin zu sehen.

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