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Sport: Dolce Vita in Schwaben

Der neue Trainer Giovanni Trapattoni lässt den VfB Stuttgart wieder auf die Champions League hoffen

Wer hat das Sagen im Verein? Für die Öffentlichkeit ist es eindeutig Präsident Erwin Staudt. Der ehemalige Deutschlandchef der Computerfirma IBM übt jedoch die Befehlsgewalt mit einem starken Mann im Hintergrund aus. Ohne Dieter Hundt, Arbeitgeberpräsident und Vorsitzender des VfB-Aufsichtsrates, geht in Stuttgart nichts. Hundt war es, der öffentlich die Trennung von Trainer Matthias Sammer mit eindeutigen Aussagen einleitete, während Staudt den Zögerlichen gab. Beide kommen aus der Wirtschaft und reden mehr über Geschäftszahlen als über Fußball. Die Marke VfB aber haben sie ordentlich aufgemöbelt.

Was hat sich verbessert? Mit Giovanni Trapattoni haben sich die Schwaben ein Stück weite Welt ins Haus geholt. Erst aber, als sich die Verpflichtung des Stürmers Jon Dahl Tomasson vom AC Mailand verwirklichen ließ, wich die Angst vor dem Absturz. Immerhin zeigte der Wechsel von Kevin Kuranyi zu Schalke und der von Alexander Hleb zu Arsenal, dass die Zeit der großen Talente vorbei ist. Dank der stolzen 22 Millionen Euro, die Stuttgart nun in der Kasse hatte, holten die Schwaben noch Jesper Grönkjaer von Atletico Madrid für sechs Millionen Euro. Wie sagte Manager Jochen Schneider? „Wir haben nicht den Fehler der Vergangenheit gemacht, für einen guten zwei durchschnittliche Spieler zu holen.“

Wie sicher ist der Job des Trainers? Derzeit gilt der charmante Italiener Trapattoni als Wunderheiler, der nach dem sauertöpfischen Sammer „Dolce Vita“ zum Klubprogramm erhoben hat. Aufbruchstimmung, Leidenschaft, die Leichtigkeit des Südens – es scheint allein sein Verdienst. Die Mannschaft lobt den 66-Jährigen. Mit dem Einkauf eines Trainers, der in seiner Karriere 19 Titel gewonnen hat, steht jedoch auch fest: Nur die Champions League macht den VfB Stuttgart künftig glücklich. Trapattoni muss siegen oder zumindest am Ende sehr weit oben stehen. Sonst könnten die italienischen Wochen in Schwaben nach nur einer Saison bereits wieder vorbei sein.

Welche Taktik ist zu erwarten? „Was se sie wolle, mein Verteidiger immer habe Tore schieße.“ Dieser Satz von Giovanni Trapattoni zeigt, welcher Ruf dem 66 Jahre alten Italiener vorauseilt. Er gilt als Liebhaber defensiver Fußballkunst. Als taktische Grundordnung bevorzugt der Mister aus Milano ein 4-4-2-System. Je nach Angebot im Sturm, könnte es zu einem System mit nur einem Stürmer werden, dafür würde dann das Mittelfeld aufgestockt. Trapattoni lässt im Training drei, vier verschiedene Systeme üben. Was der Italiener zuerst fordert, ist absolute Leidenschaft. Die lebt der Trainer auf alle Fälle perfekt vor.

Welche Platzierung ist möglich? Zweimal in Folge sind die Stuttgarter am letzten Spieltag daran gescheitert, sich für die Champions League zu qualifizieren. Obwohl es keiner offen sagt: Vom neuen Trainer wird erwartet, dass er es diesmal schafft. Offiziell wird mit Platz fünf und den entsprechenden Einnahmen geplant. Klappt es wieder nicht, wird der Klub entweder die Gehälter stark kürzen müssen oder sogar Spieler verkaufen. Der Erfolg wird von der in der Mannschaft zu schaffenden Hierarchie abhängen. Trapattoni sagte: „Wir wollen besser werden als letzte Saison.“ Der VfB wurde Fünfter und war enttäuscht.

Wer sind die Stars? Die schwäbische Boygroup ist mit dem Abgang von Kuranyi und Hleb gesprengt. Zurück bleiben Keeper Timo Hildebrand, Verteidiger Andreas Hinkel und als Starkandidat der vom AC Mailand neu eingekaufte Däne Jon Dahl Tomasson. Die Zugänge Thomas Hitzlsperger und Daniel Bierofka sind zu still, um als Stars zu taugen, was zum großen Teil auch für Hinkel gilt. Und dann ist da natürlich der Trainer: Giovanni Trapattoni. Der überstrahlt alle.

Wer hat noch Chancen auf die WM? Hildebrand, Hitzlsperger und Hinkel gehören zum Kader. Ob Markus Babbel (Europameister von 1996) eine Chance zur Rückkehr hat, ist ebenso ungewiss wie die Aussicht von Silvio Meißner auf ein Debüt.

Wie sind die Fans? Die Dauerkarten gehen mindestens so gut weg wie vergangene Saison. Bei 20000 verkauften Karten, bisher sind es 18000, soll Schluss sein. Der VfB hat seine Mitgliederzahl innerhalb von zwei Jahren immens gesteigert: Von 7774 vor zwei Jahren auf über 30 000. Die neuen Anhänger aber wollen guten Fußball sehen. Unter Matthias Sammer gab es schon mal heftige Pfiffe.

Die gesamte Serie im Internet:

www.tagesspiegel.de/bundesligatest

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