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Sport: Doping: Die rumänische Turnerin Andrea Raducan muss ihre Goldmedaille abgeben, weil ihr der Team-Arzt ein verbotenes Mittel gab

Ein falsches Rezept hat die beste Turnerin der Welt die olympische Goldmedaille gekostet. Die 16-jährige Rumänin Andrea Raducan ist durch die Fahrlässigkeit ihres Mannschaftsarztes unverschuldet zur Doping-Sünderin und unglücklichsten Athletin der Sydney-Spiele geworden.

Ein falsches Rezept hat die beste Turnerin der Welt die olympische Goldmedaille gekostet. Die 16-jährige Rumänin Andrea Raducan ist durch die Fahrlässigkeit ihres Mannschaftsarztes unverschuldet zur Doping-Sünderin und unglücklichsten Athletin der Sydney-Spiele geworden. Vor ihrem Olympiasieg im Vierkampf-Finale am vergangenen Donnerstag hatte sie wegen einer Erkältung Tabletten verschrieben bekommen, die das verbotene Stimulanzmittel Pseudo-Ephedrin enthielten. "Es tut uns leid für das Mädchen. Wir haben uns deshalb die Entscheidung nicht leicht gemacht", sagte Thomas Bach, der Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC).

Die Schülerin aus der rumänischen Medaillenschmiede Deva kämpft allerdings vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) in Sydney um ihren Ruf. "Ich bin informiert worden, dass die Rumänen das CAS angerufen haben", sagte Hans-Jürgen Zacharias, deutscher Vizepräsident des Turn-Weltverbandes (FIG). Über die juristischen Erfolgschancen sagte der Funktionär aus Kleve: "Die Dosis des Dopingmittels war wohl gering, doch die Regeln sind klar." Das Reglement der FIG verbietet das Stimulansmittel nicht. Allerdings hat der Weltverband den Medical Code des IOC anerkannt, in dem das Amphetamin verboten ist. "Der Fall ist nach den IOC-Regeln eindeutig. Wenn eine verbotene Substanz in einem Körper entdeckt wird, ist es ein Doping-Fall", meinte IOC-Generaldirektor François Carrard. Demnach hat die 16-jährige Rumänin keine Chance, ihre Goldmedaille zurückzugewinnen. Allerdings ist die Rechtssprechung des CAS nicht immer nachvollziehbar. So kann es durchaus sein, dass aufgrund einer Gnadenentscheidung die Rumänin doch noch zu ihrer Medaille kommt. Für sie geht es auch um viel Geld. Der Goldmedaillengewinn wird in Rumänien fürstlich belohnt.

Das IOC-Exekutivkomitee hat nach Angaben von Bach das Gold trotz allen Mitgefühls aberkennen müssen, um die sauberen Athleten zu schützen. Die Untersuchung in diesem Fall hatte ergeben, "dass die Schuld eindeutig beim Arzt" liegt. Aus diesem Grund erkannte das IOC auf mildernde Umstände und sah von einer Disqualifikation der zweimaligen Weltmeisterin ab. Sie durfte deshalb ihre Mannschafts-Goldmedaille sowie die Silbermedaille aus dem Sprung-Wettbewerb behalten, zumal sie nach diesen beiden Starts bei Doping-Tests negativ gewesen war. Der rumänische Olympia-Arzt Ioachim Oana wurde vom IOC mit dem Ausschluss von diesen und den Olympischen Spielen 2002 in Salt Lake City und 2004 in der griechischen Hauptstadt Athen bestraft.

In Schutz nahm auch der Präsident des rumänischen Nationalen Olympischen Komitees (NOK), Ion Tiriac, die 1,48 m kleine und 37 kg leichte Athletin. "Wir glauben, dass der Fall komplett irrelevant ist", sagte der frühere Manager von Boris Becker. "Diese Medizin fördert das Leistungsvermögen nicht, sondern reduziert es eher." Dass Andrea Raducan so zierlich sei, könne außerdem zum positiven Testergebnis beigetragen haben. Im Urin der Turnerin war ein überhöhter Wert von 25 Nanogramm Pseudo-Ephedrin pro Milliliter analysiert worden.

Andrea Raducan hatte den olympischen Vierkampf vor ihren Teamkolleginnen Simona Amanar und Maria Olaru gewonnen, die nun auf die Gold- und Silberränge vorrücken. Neue Bronzemedaillengewinnerin ist die zuvor viertplatzierte Xuan Liu (China).

Im Turnen ist es der erste Doping-Fall in der Geschichte der Olympischen Spiele. Andrea Raducan musste in Sydney als zweite Athletin Gold wegen Medikamentenmissbrauchs zurückgeben. Zuvor war der bulgarischen Gewichtheberin Isabela Dragnewa der Olympiasieg aberkannt worden. Silber und Bronze verloren ihre Heber-Team-Mitglieder Iwan Iwanow und Sewdalin Minchew. Das Trio hatte entwässernde Diuretika-Mittel eingenommen. Insgesamt war es der sechste Doping-Fall der Sydney-Spiele.

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