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Joachim Löw 1980 im Trikot des VfB Stuttgart.

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Update

Doping im Fußball: Joachim Löw: "Ich lehne es absolut ab - damals als Spieler und heute als Bundestrainer"

Ein Kommissionsmitglied beschreibt mögliche Doping-Abläufe beim VfB Stuttgart. Der Verein soll Anabolika sogar nachbestellt haben. Bundestrainer Joachim Löw positioniert sich derweil klar gegen Doping.

In der Debatte um Doping-Vorwürfe in der Bundesliga setzt der renommierte Experte Fritz Sörgel den Deutschen Fußball-Bund (DFB) unter Druck. Nach Ansicht des Mitglieds der Freiburger Untersuchungskommission muss der DFB aktiv zur Aufklärung der Vorgänge in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren beitragen. „Es ist ein Volkssport, der wichtigste Sport in Deutschland, und da kann man sich nicht erlauben, dass etwas ungeklärt bleibt", sagte der Nürnberger Pharmakologe am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. Der DFB hatte zuvor seinen Aufklärungswillen beteuert.

Der DFB werde darüber nachdenken müssen, ob die „Narrenfreiheit“, die der Fußball nun mal habe, weiter gelten könne, und der Verband „in Zukunft nicht eine Schippe drauflegen muss, damit er glaubwürdig wird“, sagte Sörgel. Zweifel äußerte er daran, dass die Ethikkommission des DFB, in der Leute sitzen würden, „die jetzt nicht unbedingt als unabhängig angesehen werden können“, das geeignete Gremium für die Aufklärung sei.

Auch Bundestrainer Joachim Löw positionierte sich klar gegen Doping. „Doping hat im Sport nichts verloren, ich lehne es absolut ab, das galt für mich als Spieler genauso wie es heute als Bundestrainer immer noch gilt“, ließ Löw am Dienstag über die Pressestelle des Deutschen Fußball-Bundes mitteilen.

Der damalige VfB-Physiotherapeut bestreitet die Vorwürfe

Berichten der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin zufolge hat in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren Anabolika-Doping beim Bundesligisten VfB Stuttgart „in größerem Umfang“ sowie in kleinerem
Rahmen beim damaligen Zweitliga-Klub SC Freiburg eine Rolle gespielt.

Kommissionsmitglied Andreas Singler beschrieb indes angebliche Doping-Praktiken beim VfB Stuttgart. Singler nimmt in der „Bild“-Zeitung Bezug auf den umstrittenen früheren Freiburger Sportmediziner Armin Klümper, bei dem damals auch Spieler des Fußball-Bundesligisten behandelt wurden. „Klümper schickte die Präparate an den Masseur oder ließ sie dorthin schicken. Beim VfB bezahlte der Verein die Rechnung“, zitierte die
„Bild“ Singler. „Beim VfB wurde das Anabolika-Mittel auch mindestens in einem Fall nachbestellt. Damit ist bewiesen: Es gab Anabolika im deutschen Fußball.“

Von Doping-Vorwürfen distanzierte sich der damalige Stuttgarter Physiotherapeut entschieden. „Ich selbst habe mit den Spielern die Medikamente in der Apotheke eingekauft. Ich weiß, was in den Tüten war“, zitierten die „Stuttgarter Nachrichten“ Francois Caneri, der von 1976 bis 1982 beim VfB angestellt war und Spieler in Klümpers frühere Praxis in Freiburg begleitete. „Doping hat es beim VfB nicht gegeben - das hätte ich gewusst“, versicherte Caneri. „Ich war sechs Jahre lang mit den Spielern jeden Tag zusammen, so etwas hätte man ihnen angesehen - an der Haut, an den Augen, am Muskelzuwachs, am Reaktionsvermögen.“ Caneri räumte jedoch ein: „Grundsätzlich ist alles möglich, die Spieler verraten einem nicht alles.“

Pharmakologe Sörgel mahnte, mit Verdächtigungen über möglicherweise - auch aktuelle - Doping-Praktiken im Fußball vorsichtig zu sein. „Man muss fairerweise sagen, dass im Fußball - und es werden in einigermaßen vernünftiger Weise nun auch Dopingtests durchgeführt - keine spektakulären Fälle aufgetreten sind“, sagte Sörgel. „Deshalb muss man mit Verdächtigungen vorsichtig sein.“ Die Vergangenheit sei ein ganz anderes Kapitel. „Früher war das Unrechtsbewusstsein, was Doping angeht, ein ganz anderes gewesen“, meinte er.

Bekannt sei, dass in früheren Jahrzehnten die Einnahme des stimulierenden Captagons „eine ganz große Rolle“ gespielt habe. „Die Fußballer haben auch kräftig experimentiert“, erläuterte Sörgel. „Das war über drei, vier Jahrzehnte einfach etwas, was nebenher lief, was die Fußballer gerne angewendet haben, um am nächsten Sonntag wieder spielen zu können.“ (dpa)

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