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Doping im Radsport: Team Telekom: Der letzte Tropfen Blut

Gegen die beiden Sportärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich wird nicht mehr strafrechtlich ermittelt, obwohl sie Doping im Team Telekom zugegeben hatten. Damit endet ein Kapitel deutscher Sportgeschichte.

Berlin - Nicht ganz heimlich, aber doch sehr leise ist gerade ein Kapitel deutscher Sportgeschichte geschlossen worden. Das Kapitel „Doping im Team Telekom“. Die Staatsanwaltschaft Freiburg teilte mit, gegen die beiden Sportärzte Andreas Schmid und Lothar Heinrich werde nicht mehr ermittelt – obwohl sie zugegeben hatten, in den 90er Jahren beim Doping im Radsportteam Telekom mitgewirkt zu haben. Gestern wurden auch die Ermittlungen gegen die früheren Teammitarbeiter Mario Kummer, Olaf Ludwig und Rudy Pevenage eingestellt. Weil sich bereits gegen die beiden Mediziner kein hinreichender Tatverdacht ergeben habe, könne den anderen auch keine Beihilfe zu einer Straftat nachgewiesen werden, sagte Oberstaatsanwalt Wolfgang Maier. Damit ist im Grunde die Strafverfolgung gegen die letzten Beteiligten zu Ende.

Die Einstellung des Verfahrens hat dafür ein lautes Echo hervorgerufen. „Südbadisches Mittelmeerrecht“, nennt sie der Heidelberger Anti-Doping-Aktivist Werner Franke. „Deutschland gehört zu den Staaten, die Doping von Ärzten dulden. Im Westen Deutschlands verliert ein Arzt wegen Dopings nicht einmal seine Approbation“, sagte er. Gegen Schmid und Heinrich wurde laut Staatsanwaltschaft kein „hinreichender Verdacht konkreter Verstöße gegen Strafbestimmungen“ gefunden, außerdem seien die Vorwürfe verjährt und die Radprofis auch nicht zu Schaden gekommen. Straftaten, die mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden, sind in der Regel nach fünf Jahren verjährt. Schmid und Heinrich wurden Ende Mai 2007 von der Freiburger Uniklinik vom Dienst freigestellt.

Die beiden Mediziner waren Bestandteil des systematischen Blutdopings im Radsportteam Telekom. Schmid erklärte im Mai 2007: „Ich habe den Radsportlern auf Anforderung Dopingsubstanzen, insbesondere Epo, zugänglich gemacht.“ Allerdings habe er Sportler nie ohne deren Wissen oder gegen ihren Willen gedopt. „Ich hätte als Arzt nie so handeln dürfen. Ich habe als Sportmediziner aber auch erfahren, welch ungeheurem Erfolgsdruck die Fahrer ausgesetzt sind.“

Die Gründe, warum das Verfahren gegen Schmid und Heinrich jetzt eingestellt wird, findet Werner Franke empörend. Dass keine Sportler zu Schaden gekommen seien, könne doch nicht entscheidend sein. Die Ärzte hätten beim Spritzen des Blutes „weder aus therapeutischen noch zu diagnostischen Zwecken“ gehandelt. Und wie gefährlich das Blutdoping sei, habe der Fall Patrik Sinkewitz gezeigt. Ein Staatsanwalt aus Freiburg hatte damals erklärt: „Herr Sinkewitz sagte, nach der ersten Etappe der Tour de France 2006 habe der beschuldigte Arzt Dr. Schmid davon abgesehen, Blut zu infundieren, weil dieses Blut schadhaft oder verunreinigt gewesen sei.“ Laut Werner Franke endet einer von 10 000 Fällen einer Transfusion mit verklumptem Blut tödlich. „Da kann nicht irgendein Sportmediziner daherkommen und in solcher Weise dilettantisch mit Blut umgehen.“

Franke glaubt, dass bei der Strafverfolgung von dopenden Ärzten im Osten und im Westen Deutschlands mit zweierlei Maß gemessen werde. „Als es um das Verjährungsproblem der Ärzte aus der DDR ging, hat man die Frist zweimal verlängert, weil Doping nicht vom Staat verfolgt worden war.“ 1998 waren die ersten Sportärzte aus der DDR wegen Körperverletzung verurteilt worden. Im Westen Deutschlands gab es bisher Strafbefehle gegen Ärzte, aber keine Verurteilungen vor Gericht.

Einen „eklatanten Spalt zwischen der Bestrafung von Ost- und Westärzten“ sieht Franke und kritisiert die Strafverfolgungsbehörden. „Ausgerechnet diese Staatsanwaltschaft, die das Verfahren eingestellt hat, ist nun die neue Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Dopingbekämpfung in Baden-Württemberg“, wetterte Dopingjäger Franke und sprach von „Freiburger Landesrecht“. Die Freiburger Sportmedizin gilt als Zentrum des Dopings in der Bundesrepublik. Wissenschaftler haben die Rolle der Freiburger Sportmedizin und ihre Forschung mit Dopingmitteln nachgewiesen. Und die Uniklinik Freiburg diskutiert nun, ob ihre Sportmedizin überhaupt noch Leistungssportler betreuen oder sich der Bewegungs- und Gesundheitsmedizin widmen soll.

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