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Sport: Doping: Offizielle Falschmeldung

Catherine Menschner dehnt die Worte, das hat den netten Effekt, dass sie noch eindringlicher wirken. Sie sagt: "Ich habe eine unheimliche Wut.

Catherine Menschner dehnt die Worte, das hat den netten Effekt, dass sie noch eindringlicher wirken. Sie sagt: "Ich habe eine unheimliche Wut. Das ist eine absolute Frechheit." So redet man, wenn man öffentlich als Lügnerin dargestellt wird. Catherine Menschner war eines der vielen DDR-Doping-Opfer, eine Schwimmerin, die mit 12 Jahren Dopingpillen bekam und mit 14 Jahren fast ertrunken wäre. Sie hatte Lähmungserscheinungen aufgrund des Dopings. Deswegen musste sie auch ihre Kinder- und Jugendsportschule verlassen. Dass sie gedopt war, hat ausdrücklich jenes Gericht festgestellt, das die Hauptverantwortlichen des DDR-Dopings, Manfred Höppner und Manfred Ewald, verurteilte.

Menschner, ein Doping-Opfer? Gelogen, behauptet nun aber der Berliner Journalist Willi Knecht. Dafür gebe es keine Unterlagen, sagt er. Auch die Ex-Kugelstoßerin Birgit Boese, früher gedopt wie Menschner, sei in Wirklichkeit kein Opfer. Helga Börner, Boeses frühere Trainerin, wurde freilich wegen der Dopingabgabe rechtskräftig verurteilt. Auch Boese war ein Doping-Opfer, stellte das Gericht beim Ewald-Prozess in der Urteilsbegründung fest.

Bemerkenswert ist der Umstand, wo Knecht diese Falschmeldungen geschrieben hat: im "NOK-Report", einem offiziellen Mitteilungsorgan des Nationalen Olympischen Komitees. Letztendlich zu verantworten hat diesen Bericht mithin NOK-Chef Walther Tröger. Deshalb entsteht der Eindruck, das NOK bezeichne offiziell mehrere Doping-Opfer als Lügner. "Die Opfer von Hormonmanipulationen im Kindesalter werden nochmal zu Opfern einer unverschämten Veröffentlichung", schrieb Boese jetzt an Tröger. "Gibt es eine Rechtfertigung für die Herzlosigkeit, mit der das Organ des NOK ehemalige Sportlerinnen bedenkt?" Für Tröger ist Knechts Artikel "ein Meinungsartikel, den Knecht zu verantworten hat". Dessen Meinung müsse nicht automatisch die Meinung des NOK sein. Eine Entschuldigung gegenüber den Opfern sprach er nicht aus. Er distanzierte sich auch nicht weiter von dem Text.

Dessen Autor ist kein NOK-Angehöriger. Knecht hat nur den Auftrag, den "NOK-Report" zu erstellen und macht dies weitgehend allein. Beim NOK hat diesen Artikel vor der Veröffentlichung offenbar niemand gesehen. NOK-Pressesprecher Stefan Volknant jedenfalls nicht. Er sagt, für die Kontrolle von Texten sei das Präsidium zuständig. Allerdings würden die Texte nicht automatisch überprüft. Nur im Bedarfsfall "nimmt sich das Präsidium das Recht, Artikel vorher zu lesen". Den umstrittenen Text aber kannte Tröger nicht. "Wir werden uns im Präsidium mit dem NOK-Report beschäftigen müssen", sagt er nun gestern. Weitere Konsequenzen kündigte er nicht an. Und damit wird auch lange nichts passieren. Die nächste Präsidiumssitzung, sagt Volknant, findet im September statt.

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