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© dpa

Alberto Contador: Nur das Trikot ist weiß

Auch der Tourzweite Alberto Contador fährt unter Dopingverdacht. Er soll in die Affäre um den Arzt Fuentes verstrickt sein.

Es ist still geworden um Linus Gerdemann bei der Tour de France. Man mag kaum glauben, dass er vor erst neun Tagen sowohl das Gelbe Trikot, als auch das Weiße Trikot des besten Jungprofis trug. Jetzt liegt Gerdemann in der Wertung für den besten Nachwuchsfahrer auf Platz fünf, in der Gesamtwertung hat er 36 Minuten verloren. Aber Gerdemann ärgert das nicht, noch als er im Gelben Trikot steckte, machte er darauf aufmerksam, dass der wahre Star bei den Profis unter 25 nicht er sei, sondern der Spanier Alberto Contador. „Contador wird um den Tour-Sieg mitfahren, das werden Sie sehen“, sagte er prophetisch.

Gerdemann behielt recht. Bei der ersten Pyrenäenetappe am Sonntag nach Plateau de Beille war der 24 Jahre alte Altersgenosse Gerdemanns der einzige, der mit dem Dänen Michael Rasmussen mithalten konnte. Und nicht nur das. Während alle anderen Titelaspiranten schon um Minuten abgehängt waren, sprinteten Rasmussen und Contador wie die Berserker dem Zielstrich auf der Passhöhe entgegen. Contador gewann um eine Reifenbreite und das nicht etwa, wie gemunkelt wurde, weil das so abgesprochen war. „Bei der Tour macht man keine Geschenke“ sagte Rasmussen später.

Alberto Contador verkörpert die Zukunft des Radsports, wenn er denn eine hat. „Es ist vielleicht noch ein wenig zu früh für ihn, in diesem Jahr die Tour zu gewinnen“, sagte sein Mannschaftsleiter, Johan Bruyneel. „Aber ich glaube, dass wir in ihm den neuen Lance Armstrong gefunden haben.“ Bruyneel, der schon Armstrongs Potenzial entdeckt und ihn zu sieben Tour-Siegen dirigiert hatte, meinte wohl, dass Contador einer ist, der wie sein Vorgänger als Kapitän der Discovery-Formation über Jahre wird die Tour domineren können. Aber der Belgier wies unfreiwillig auch auf tiefer gehende Gemeinsamkeiten hin. So wie Armstrong eine Karriere beendet hat, startet Contador in seine: Mit starken Zweifeln an der Redlichkeit seiner Leistung. Im vergangenen Jahr war Contador im Tour-de-France-Aufgebot der Astana-Würth Truppe. Astana Würth durfte nicht mit auf die große Fahrt durch Frankreich gehen, weil zu viele Fahrer der Mannschaft in die Fuentes-Affäre verstrickt waren. Darunter auch Contador, dessen Name als einer von 58 auf der Liste der spanischen Ermittler stand. Contador wurde aber vom madrilenischen Richter Anotonio Serrano entlastet.

Fuentes selbst hatte angegeben, Contador nicht zu kennen. Contador bestätigte dies und damit war für die spanische Justiz die Sache erledigt. Gewissheit darüber, ob Contador wirklich mit Fuentes zu tun gehabt hat oder nicht, gibt es jedoch bis heute nicht. Noch immer halten die spanischen Behörden ihre Unterlagen zurück und weigern sich, sie der Sportgerichtsbarkeit zur Verfügung zu stellen. Die Entlastung durch Serrano reichte Bruyneel jedoch als Persilschein für Contador aus, er gab dem „Riesentalent“ einen Vertrag. Bruyneel ist allerdings ohnehin nicht zimperlich, wenn es darum geht, auch im Angesicht harscher Kritik der gesamten Branche fragwürdige Athleten zu beschäftigen. So heuerte er auch den tief in die Fuentes-Affäre verwickelten Ivan Basso an.

Tatsache ist, dass Contador von Liberty-Seguros Chef Manolo Saiz zwischen 2003 bis 2006 in die Sitten und Gebräuche des Profiradsports eingeführt wurde. Jörg Jaksche, ehemaliger Mannschaftskamerad von Contador, hat ausführlich dargelegt, wie Saiz gemeinsam mit Fuentes bis 2005 systematisch sein Team pharmakologisch auf Wettbewerbe eingestellt hatte.

Contador sagt über Saiz, dass dieser „immer wie ein Vater“ zu ihm gewesen sei. Wie im Übrigen auch zu Bruyneel: Auch der Belgier fuhr den Großteil seiner Karriere unter Saiz. Sollte Alberto Contador Rasmussen überholen und die Tour gewinnen, wäre das zwar der Sieg einer neuen Generation. Es wäre aber mitnichten ein Sieg, der für den Radsport hoffen lässt. Sollte Contador „nur“ das Weiße Trikot gewinnen, während Rasmussen Gelb holt, wäre das für den Radsport allerdings genauso traurig. Es wäre alles andere als das Zeichen eines Neubeginns. Eher der hartnäckigen Kontinuität im Radsport: Zu den Gewinnern des Weißen Trikots zählten in den vergangen zwölf Jahren Jan Ullrich, Marco Pantani und Ivan Basso.

Sebastian Moll[Loudonvielle]

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