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Dieckmann Brink

© dpa

Beachvolleyball: "Wir brauchen eine Eingreiftruppe"

Die Beachvolleyballer Brink und Dieckmann fordern mehr Härte gegen Doping - und gegen ihre Kollegen.

Herr Brink, Herr Dieckmann, Sportlerkollegen, die dopen, sind für Sie...

BRINK: ...keine Sportler, sondern Betrüger, Nestbeschmutzer.

Waren Sie selbst schon einmal in der Versuchung, etwas zu nehmen?

DIECKMANN: Niemals.

BRINK: Ich habe nie gedopt und werde auch nie dopen. Ich verurteile dieses Verhalten zutiefst.

Die Frage ist ja, wie glaubwürdig solche Aussagen sind. Das Image von deutschen Spitzensportlern hat zuletzt arg gelitten.

DIECKMANN: Allein schon, dass wir darüber reden, dass Leistungssportler per se verdächtig sind, ist das Gegenteil von dem, was Sport sein soll. Sport soll Spaß machen, Lebensfreude vermitteln, Vorbild für Kinder sein, das ist vollkommen hinüber. Das ist ein Flurschaden, der nicht mehr gutzumachen ist.

BRINK: Wenn heute ein Athlet einen Leistungssprung macht, dann tickt es doch schon im Hinterkopf des Betrachters: Da ist doch nachgeholfen worden. Die Unschuldsvermutung ist passé.

Wie kann ein Athlet beweisen, dass er sauber ist?

DIECKMANN: Das muss er nicht, aber vor allem: Er kann es auch gar nicht.

BRINK: In den letzten Jahren ist da schon sehr viel passiert. Die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada hat mit ihrem neuen Kontrollsystem schon einen großen Schritt in die richtige Richtung getan. Trotzdem könnte das Netz noch engmaschiger gestrickt sein, um Sünder noch leichter ausfindig zu machen.

Jeder Spitzensportler muss der Nada seinen Aufenthaltsort mitteilen, wenn er sich 24 Stunden oder länger von zuhause oder seinem Trainingsort entfernt. Finden Sie das richtig?

DIECKMANN: Die Sache mit den 24 Stunden ist meiner Meinung nach ein großes Problem. Auch international wurde noch keine wasserdichte Lösung gefunden. Wenn du es schlau machst, schaffst du es immer, innerhalb von 23 Stunden nach Hause zu kommen. Da kann die Nada nach ihren eigenen Regeln gar nichts machen.

BRINK: Es gibt immer noch zu viele Schlupflöcher. Da darf man sich nichts vormachen: Wer dopen will, wird immer einen Weg und ein Mittel finden.

Würden Sie im Sinne eines effektiveren Anti-Doping-Kampfes eine Beschneidung Ihrer Persönlichkeitsrechte tolerieren?

DIECKMANN: Ich hätte kein Problem mit der Handyortung, wie es der Biathlet Michael Greis vorgeschlagen hat. Die Nada sieht, wo mein Handy ist und schickt schnell einen Kontrolleur vorbei.

BRINK: In Deutschland fehlt ein wirksames Anti-Doping-Gesetz und eine grundsätzliche Diskussion: Wollen wir wirklich einen Deutschen bei den Olympischen Spielen in Peking im Kampf um eine Medaille in der Königsdisziplin der Leichtathletik, im 100-Meter-Sprint, sehen? Wollen wir das, obwohl wir wissen, dass dies ohne Manipulation nicht möglich ist? Fernsehsender sollten keine Live-Bilder von Sportveranstaltungen mit Dopingbelastung zeigen. Ich halte es mit dem Dopingaufklärer Werner Franke: Dopingsport ist Zirkussport.

Wie funktionieren die Trainingskontrollen bei Ihrem Sport, dem Beachvolleyball?

DIECKMANN: In der letzten Saison wurde ich einmal kontrolliert, das war im August in Kiel. Die olympischen Sportarten wurden generell in drei verschiedene Risikogruppen eingeteilt. Beachvolleyball gehört zur Gruppe der weniger gefährdeten Sportarten. Darum haben wir weniger Kontrollen als andere.

Und im Ausland, wo sich Beachvolleyballer 80 Prozent ihrer Zeit vorbereiten?

DIECKMANN: Ich bin jetzt seit zehn Jahren dabei, aber ich hatte im Ausland noch nie eine Trainingskontrolle. Ich habe auch noch nie von anderen deutschen Beachvolleyballern gehört, dass sie im Ausland kontrolliert worden sind. Das Drohpotenzial fehlt. Das Problem ist die Unterfinanzierung der Nada. Intelligent wäre, wenn ein Kontrolleur nach Brasilien geschickt würde, wo wir uns jedes Jahr auf die Saison vorbereiten.

BRINK: Uns könnte ja auch ein brasilianischer Kontrolleur beim Training in Rio testen. Und umgekehrt unsere Nada brasilianische Athleten während ihrer Vorbereitung in Deutschland. Was mich stört, ist, dass die Kontrollen von Land zu Land unterschiedlich sind. Ich höre von Spaniern, die zu einer Trainingskontrolle per Mail eingeladen werden. Diese angekündigte Kontrolle ist sinnlos. Es müsste auch eine internationale schnelle Doping-Eingreiftruppe installiert werden, deren Fahnder, unangemeldet und inkognito, ohne Visumspflicht und egal wo auf der Welt in die Trainingszentren einreisen dürfen, ob in China oder Chemnitz.

Mit der Kronzeugenregelung hofft man, mehr Hintergründe über die Doping-Mafia zu erfahren. Ein richtiger Weg?

BRINK: Ich erkläre mir den Begriff der Kronzeugenregelung immer damit, dass ein Straftäter gegen ein Milieu aussagt. Voraussetzung dafür ist aber, dass man das Milieu, in dem man sich vorher befand, auch verlassen möchte. Die Radsportler Sinkewitz und Jaksche aber wollen zurück in dieses Milieu. Ich habe noch nie von einem Mafia-Aussteiger gehört, der wieder in das gleiche Milieu zurück will. Vor allem, weil sich im Radsport, meiner Meinung nach, nicht viel verändert hat. Deshalb habe ich mit der Kronzeugenregelung im Sport so meine Probleme. Eine moralische und charakterliche Läuterung spreche ich den beiden ab und fühle mich darin bestärkt, wenn ich das Jammern von beiden höre, wie schlecht es ihnen ergangen sei nach ihrem Outing und das sie, hätten sie noch einmal die Wahl, es nicht mehr tun würden.

DIECKMANN: Was ich das Schlimmste finde, ist, dass sie ja noch nicht mal ein Zeichen, eine Geste der Reue zeigen.

BRINK: Völlig unverständlich ist für mich auch, dass die Honorare, die Jaksche und andere für ihre Dopingbeichten bekommen, in ihre eigenen Taschen fließen und nicht der Nada oder dem Anti-Doping-Kampf zukommen. Wir brauchen neue Strukturen: Fördergelder, die an dopende Sportler gezahlt wurden, müssen komplett zurückerstattet werden und Preisgelder, die unter Doping verdient wurden, müssen dem Anti-Doping-Kampf zur Verfügung gestellt werden. Ich finde es pervers, dass Jaksche und andere mit ihren medialen Auftritten mehr Geld verdienen als viele Leistungssportler, die ihren Sport nur durch Zuschüsse von der Sporthilfe betreiben können.

DIECKMANN: Das Auspacken finde ich bei Leuten wie Erik Zabel viel schlimmer, die nur die Sachen erzählen, die verjährt sind und dafür auch noch vom Verband als neue Galionsfiguren im Antidopingkampf gefeiert wurden.

Tut der deutsche Sport genug?

DIECKMANN: Ich zweifle eher an den Sponsoren des Sports, an den Wirtschaftsunternehmen. Für die wäre es ein Leichtes, etwas mehr Geld in den Kampf gegen Doping zu stecken, wenn sie den Sport schon unterstützen wollen.

Die deutsche Wirtschaft tut zu wenig?

DIECKMANN: Es sind so viele Milliarden Euro im deutschen Sport. Wie kann es da sein, dass die Nada seit Jahren ein riesiges Etatproblem hat, weil ein einstelliger Millionenbetrag fehlt? Klar, mit der Nada kann man natürlich nicht so toll werben wie mit Bayern München. Zu sagen, im Sport soll alles schön sauber sein, aber sich selbst nur an Erfolge und Rekorde dranzuhängen – das ist Heuchelei.

Das Gespräch führte Thilo Komma-Pöllath.

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