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© EPA

Doping: Gedopter Ex-Radprofi Kohl beschuldigt Teamarzt

Zimmer vom Herrn Doktor: Der zurückgetretene Bernhard Kohl behauptet öffentlich, sein ehemaliger Teamarzt Mark Schmidt habe Doping geduldet und sogar unterstützt.

Berlin - Der geständige Sünder hat seine Vorsicht abgelegt. Vor einem halben Jahr, als der zurückgetretene Radprofi Bernhard Kohl in der Fernsehsendung „Beckmann“ ausführlich über seine Dopingpraktiken berichtete, hielt er sich noch zurück – offensichtlich war ihm das geraten worden. Auf die Frage, ob der damalige Arzt seines Teams Gerolsteiner Mark Schmidt am Doping beteiligt gewesen sei, antwortete Kohl nach langem Zögern: „Kein Kommentar.“ Inzwischen aber packt Kohl in einer Serie der österreichischen Zeitung „Kurier“ aus und hat dabei den Arzt Schmidt nun zum ersten Mal öffentlich beschuldigt, vom Doping gewusst und es unterstützt zu haben. Die Staatsanwaltschaft Erfurt bestätigte, dass sie Schmidt wegen eines Rechtshilfeersuchens aus Österreich vom Bundeskriminalamt Linz vernehmen will. Dort ermittelt die Sonderkommission Doping, die sich auch mit Kohls geständigem Ex-Manager Stefan Matschiner, der systematisches Doping für mehrere Sportler aus verschiedenen Disziplinen organisierte, befasst hat. Mark Schmidt soll in Erfurt als Zeuge vernommen werden, nicht als Beschuldigter.

Er will sich juristisch wehren. „Wir werden Herrn Kohl verklagen. Wir nehmen Herrn Kohl auf Unterlassung und Widerruf der im Kurier abgedruckten Äußerungen in Anspruch“, sagte Schmidts Vater und Anwalt Ansgard Schmidt der Deutschen Presse-Agentur.

Der in Nachkontrollen zur Tour de France 2008 positiv auf das Blutdopingpräparat Cera getestete drittplatzierte Kohl schildert im „Kurier“ detailliert, wie die Doping-Praktiken abgelaufen sein sollen. Er habe zum damaligen Gerolsteiner-Teamarzt von Beginn an eine „gute Gesprächsbasis“ gehabt, sagt Kohl. „Irgendwann kamen wir auf Doping zu sprechen. Er sagte: ''Logisch, dass man es machen muss.'' Er sagte einmal, dass ich nicht der Einzige im Team sei, der Blutdoping fabriziere“, erklärte Kohl. Für das Blutdoping am 11. Juli 2008 in einem Hotel in Bordeaux habe Mark Schmidt ihm und seinem damaligen Manager Stefan Matschiner sogar sein Zimmer angeboten. „Ich fragte Teamarzt Schmidt, wo wir am besten die Blutzufuhr veranstalten könnten. Mark bot sein Zimmer an“, berichtet Kohl.

Nach der Auflösung des Gerolsteiner-Rennstalls wechselte Mark Schmidt zum einzigen verbliebenen deutschen Top-Rennstall Milram. Dort hatte Schmidt nach den ersten Andeutungen Kohls im Mai eine schriftliche Erklärung abgegeben, dass er keine Dopingmittel besorgt, weitergeleitet oder verabreicht habe. Milram-Teamchef Gerry van Gerwen sagt, er habe „keine Angst“ um Schmidt. „Er hat gesagt, er hat es nicht getan.“ Mit großem Interesse verfolgt auch der ehemalige Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer den Fall. Er behält sich rechtliche Schritte gegen seinen einstigen Teamarzt vor. „Wir sind sehr gespannt, was da rauskommt“, sagte Holczer. Er rechnet damit, dass Kohls Angaben stimmen. „Was Kohl in letzter Zeit gesagt hat, hat sich immer wieder bewahrheitet.“

Dass Kohl nunmehr Schmidt öffentlich beschuldigt, spricht dafür, dass es in diesem Fall auch belegt werden kann. Über Fahrer hat Kohl noch nichts mitgeteilt.

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