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Sinkewitz

© ddp

Doping: T-Mobile fordert Akteneinsicht - Ausstieg immer wahrscheinlicher

Im Fall der angeblichen Doping-Machenschaften im T-Mobile-Team hat der Sponsor Einsicht in die Ermittlungsakten beantragt. Vieles deutet allerdings darauf hin, dass die Entscheidung bereits gefallen ist.

Die Anzeichen auf einen baldigen Rückzug von T-Mobile aus dem Profi-Radsport verdichten sich. Das Team-Management hat im Fall Sinkewitz Akteneinsicht bei der Staatsanwaltschaft Freiburg und beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) beantragt. Ob die Ergebnisse dieses Vorgangs den Sponsor in seiner Entscheidung überhaupt noch beeinflussen werden, sich trotz andauernder Image-schädigender Doping-Vorwürfe weiter vertragsgemäß zu engagieren, ist unklar. Der Vorstand des Mutterkonzerns Telekom, der dem Profi-Radsport seit 1991 verbunden ist, tagte bereits am Dienstag. Sollte der vorzeitige Ausstieg erfolgen, wie ihn der Zweitligist Wiesenhof bereits vollzogen hat, droht dem deutschen Radsport der Niedergang, zumal auch die Zukunft des Teams Gerolsteiner nach 2008 offen ist.

"Bis wir Akteneinsicht bekommen, vergehen sicher mehrere Tage", sagte T-Mobile-Teamsprecher Stefan Wagner der dpa. Zuvor hatte Kommunikations-Chef Christian Frommert erklärt: "Wir müssen belastbare Fakten sammeln, um dann eine belastbare Entscheidung zu treffen." Diese Äußerungen deuten eher daraufhin, dass die Bekanntgabe der Vorstands-Entscheidung vielleicht noch etwas auf sich warten lassen wird.

Sinkewitz kann auf milde Strafe hoffen

"Jemand aus dem Umfeld von T-Mobile hat bei uns nach den Akten gefragt, aber wir haben das Protokoll der Sinkewitz-Anhörung bisher nicht herausgegegeben", sagte der Vorsitzende des BDR-Sportgerichts, Peter Barth. Der Beschluss für das Sinkewitz-Urteil, der dank der Kronzeugen-Regelung auf eine Reduzierung der ansonsten üblichen Zwei-Jahres-Sperre hoffen kann, liegt laut Barth vor. "Er wurde an die Mitglieder des Sportgerichts weitergeleitet. Wir sind momentan in Abstimmung. Die Entscheidung fällt in dieser oder der nächsten Woche", sagte Barth.

Das Team-Management der gebeutelten Bonner unter Bob Stapleton forderte auch den Weltverband UCI auf, tätig zu werden. "Wir haben einen formellen Antrag bei der UCI gestellt, die von Sinkewitz zur Verfügung gestellten Informationen über die Doping-Aktivitäten im Team vor unserer Übernahme zu prüfen, sobald diese durch den BDR oder andere offizielle Stellen an die UCI übergeben worden sind", erklärte Stapleton. Der millionenschwere Kalifornier, der die ProTour-Lizenz des Teams hat, hofft ungeachtet der Telekom-Vorstandssitzung auf eine Zukunft seiner jungen Belegschaft: "Wir haben den Großteil des Managements und der Fahrer ausgetauscht sowie ein umfangreiches Anti-Doping-Programm installiert. Für 2008 haben wir diesen Kurs weiter optimiert."

Wusste nur Sinkewitz von den Doping-Machenschaften?

Der inzwischen von seinem Team entlassene Sinkewitz, der überführt wurde, im Juni dieses Jahres mit Testosteron gedopt zu haben, hatte umfassend vor dem BDR-Sportgericht, dem Bundeskriminalamt und der Staatsanwaltschaft ausgesagt. Daraufhin wurden Räume der Sportmedizin an der Uni-Klinik Freiburg, wo die früheren T-Mobile-Teamärzte Lothar Heinrich und Andreas Schmid arbeiteten, durchsucht. Außerdem gab es bei beiden Medizinern Wohnungsdurchsuchungen. Sinkewitz legte durch seine Aussagen - besonders im "Spiegel" und im "Aktuellen Sportstudio" - nahe, dass im Team noch während der Tour de France 2006 ein Doping-System existierte.

Der Hesse hatte erklärt, dass er nach der ersten Tour-Etappe von Straßburg nach Freiburg mit dem Auto gefahren sei, um sich in der Freiburger Klinik Eigenblut-Doping zu unterziehen. Es ist fast unmöglich, dass sich ein Fahrer während des Saisonhöhepunktes mehrere Stunden vom Team entfernen konnte, ohne dass die Teamleitung (damals: Olaf Ludwig) Bescheid wusste, und unwahrscheinlich, dass nur Sinkewitz die Doping-Möglichkeiten nutzte. Zwei Tage vor dessen Kurztrip zum Blut-Doping hatte die Teamleitung Jan Ullrich, Teamchef Rudy Pevenage und Oscar Sevilla wegen akuten Doping-Verdachts suspendiert.

Danckert fordert Ende des Sponsorings

Der Sportausschuss-Vorsitzende des Deutschen Bundestages, Peter Danckert, sprach sich nach den jüngsten Doping-Enthüllungen für ein Ende des Telekom-Sponsorings aus. "Bei aller Sympathie für den Radsport - hier gibt er selbst den letzten Anstoß, dass ein Sponsor, der viel veranlasst hat zur Dopingbekämpfung, am Ende des Tages sagen muss: Jetzt sind wir nicht mehr die richtigen Partner", sagte der SPD-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Es spreche nichts dafür, dass Sinkewitz der einzige Fahrer im T-Mobile-Team gewesen sei, der gedopt habe, sagte Danckert.

"Ich weiß nicht, ob der Radsport schon tot ist, aber er ist am absoluten Tiefpunkt. Ohne Sponsoren wird im Radsport nichts mehr laufen", sagte Danckert und kritisierte das Krisen-Management seines Partei-Genossen und Verbands-Vorsitzenden Rudolf Scharping: "Außer flotte Sprüche hat Scharping nichts bewegt".

Andreas Zellmer, Benjamin Haller[dpa]

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