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Pechstein

© dpa

Dopingsperre: Auf in den Kampf!

Nach Pechsteins Dopingurteil werden auch andere Sportverbände gegen verdächtige Athleten klagen.

Berlin - Erlaubnis zum harten Durchgreifen. Vollstreckungsbescheid gegen Dopingtäter. So lesen Sportfunktionäre das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs Cas gegen die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein. Denn wenn die höchste sportgerichtliche Instanz eine Sperre gegen eine fünfmalige Olympiasiegerin nur mit Blutwerten für richtig hält, könne es nur heißen: Auf in den Kampf!

An die Spitze dieser Bewegung stellt sich Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes. Er rief die Sportverbände auf, ihre Zurückhaltung beim Anklagen abzulegen. Zu erwarten sind reihenweise Verfahren. Gian Franco Kasper, Präsident des Internationalen Skiverbandes Fis, sagte: „Die Experten der Fis werden nun jeden Verdachtsmoment aus der neuen Sicht beurteilen.“ Vor dem Urteil hatte er angedeutet, sein Verband führe eine schwarze Liste mit verdächtigen Athleten.

Das Verfahren vor dem Cas war nicht das erste, in dem ein Athlet über einen indirekten Beweis für schuldig befunden wurde. Sprint-Weltrekordler Tim Montgomery war 2005 allein aufgrund von Zeugenaussagen überführt worden, eine positive Dopingprobe hatte er nie abgegeben. Ebenso wurden österreichische Biathleten wegen sichergestellter Gerätschaften für Blutdoping gesperrt. Schon vor Pechstein soll ein Athlet aufgrund eines auffälligen Blutprofils gesperrt worden sein, der australische Radprofi Marc Roland. In seinem Fall lag ebenfalls kein positiver Test vor. Auf jeden Fall wurde in seinem Körper Wachstumshormon nachgewiesen.

Roland war jedoch nicht vor den Internationalen Sportgerichtshof gezogen, und so ist nun Pechsteins Verfahren das erste, in dem der Cas das Blutprofil als indirekten Nachweis anerkannt hat. „Der indirekte Nachweis ist eine sehr hilfreiche Waffe im Kampf gegen Doping“, sagt Mario Thevis, Professor für präventive Dopingforschung an der Deutschen Sporthochschule in Köln, „mit ihm lassen sich verschiedenste Arten des Blutdopings wie Eigenbluttransfusion, Fremdbluttransfusion oder Doping mit Epo nachweisen.“ Und das ist längst nicht alles.

Auch Wachstumshormon lässt sich so nachweisen, eine Substanz, die sich auch deshalb ausgebreitet hat, weil die Kontrolleure dagegen so machtlos sind. Nach 24 Stunden ist es nicht mehr auffindbar. Das Blutprofil vergrößert nun das Zeitfenster, weil es den Effekt von Wachstumshormon nachzeichnet. „Dazu sind umfangreiche Studien vorgelegt worden“, sagt Thevis. Selbst die Überführung von Gendoping ist nahe, wie Thevis sagt: „Ich kann mir vorstellen, dass auch die Expression verschiedener Gene als indirektes Nachweisverfahren zum Einsatz kommt.“

Das klingt nach Waffengleichheit zwischen Betrügern und Aufklärern. Dagegen war auch Claudia Pechstein chancenlos. Sie hat ihre Unschuld nicht belegen können, eine Blutanomalie hält der Cas für ausgeschlossen. Doping sei die einzige plausible Erklärung für ihre Blutwerte.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada will das Nachweisverfahren noch verbessern. In neuen Richtlinien, die zurzeit beraten werden und dem Tagesspiegel vorliegen, ist eine klare Vorgehensweise skizziert bis hin zur Blutentnahme beim Athleten aus dem Arm. Mindestens zehn Marker sollen bestimmt werden. Besonderen Wert legt das Verfahren auf das Urteil von Experten. Sind die Blutwerte auffällig, sollen drei Experten angehört werden, bevor der Athlet Stellung nehmen kann. Aus mehreren Blutwerten wird dann ein Blutpass erstellt. Die Weltverbände der Leichtathleten und Radfahrer arbeiten dabei schon mit der Wada zusammen. Ohne einen Blutpass soll künftig keiner ihrer Athleten mehr hineinkommen in die Welt des internationalen Ausdauersports.

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