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© dpa

Dopingsperre: Pechstein entschuldigt sich - aber nicht für Doping

Die gesperrte Eisschnellläuferin wehrt sich: Sie bestreitet, jemals gedopt zu haben. Zugleich räumt sie Fehler ein. Ihr Verband steht zu ihr. Experten sind skeptisch.

Am Samstagmittag meldete sich Claudia Pechstein auf ihrer Homepage erstmals selbst zu Wort. Der Text trägt die Überschrift "ich habe nicht gedopt!". Dennoch räumt sie darin Fehler ein, beschuldigt aber auch den Eislauf-Weltverband leichtfertig ihre "Ehre" ruiniert zu haben.

Sie habe die Öffentlichkeit und ihre Fans belogen, schreibt Pechstein. Und das bedauere sie. "Ja, ich habe mir tatsächlich etwas vorzuwerfen. Und zwar, dass ich mich auf den 'Kuhhandel' der ISU eingelassen habe."

Der Eislauf-Weltverband ISU (steht für: Internationale Eislaufunion) habe ihr demnach während der Mehrkampf-WM in Hamar ein zweifelhaftes Angebot unterbreitet: "Wenn ich mich krankmelde, dann werden wir die Öffentlichkeit nicht informieren", schreibt die fünffache Olympiasiegerin, die am Freitag des Blutdopings beschuldigt und für zwei Jahre gesperrt worden ist.

In der Nacht zum 8. Februar 2009 waren bei Pechstein erhöhte Retikulozytenwerte festgestellt worden. Als man Pechstein die Nachricht überbrachte, habe ihr der Verband Pechstein zufolge vorgeschlagen, die Angelegenheit in aller Ruhe zu klären.

Diese Stillschweigensvereinbarung bereut Pechstein nun: "Meine Angst, öffentlich des Dopings beschuldigt zu werden und die Hoffnung, die Angelegenheit ohne Aufsehen klären zu können, waren stärker als mein Verlangen es heraus zu schreien, unschuldig des Dopings bezichtigt zu werden." Heute wisse sie, dass es ein Fehler war, Fans und Öffentlichkeit zu belügen. "Dafür möchte ich mich entschuldigen", sagt sie.

Immer neue Ausreden ließ sie sich einfallen: Im Februar musste eine angebliche Erkältung herhalten, um das Fehlen bei der WM zu entschuldigen. Anschließend waren ein hartnäckiger Virus und zu guter Letzt der daraus angeblich resultierende Trainingsrückstand die Ausreden für das Auslassen der restlichen Saisonwettkämpfe.

"Das alles hat wehgetan", sagt Pechstein. Aber für sie und ihr Team seien das unumgängliche "Notlügen" gewesen, "verbunden mit der Hoffnung, vor einem objektiven ISU-Gericht, die öffentliche, unbegründete Dopingdiskussion abwenden zu können".

Pechstein verweist darauf, dass es in ihrer rund 18-jährigen Karriere nicht einen einzigen positiven Dopingbefund gegeben habe. Etliche Male sei sie getestet worden – "alle negativ!" Weder in ihrem Blut noch in ihrem Urin seien jemals verbotene Substanzen gefunden worden. Die Erklärung dafür sei ganz einfach: "Weil ich nie etwas Verbotenes genommen habe, mir nie Fremd-oder Eigenblut zugeführt habe, kurz: nie gedopt habe!", so Pechstein.

Für die anormalen Retikulozytenwerte, die ihrem Blut gemessen worden sind, führt sie einige Erklärungen an. Mögliche Ursachen könnten auch in einer Krankheit oder Anomalie des Blutes liegen. Sie habe sich auch bereit erklärt, sich auf mögliche Anomalien untersuchen zu lassen – und auch ein mehrwöchiges Screening sämtlicher Blutwerte und EPO-Tests habe sie freiwillig angeboten.

Der Eislauf-Weltverband ISU habe dieses Angebot aber "leider ignoriert". Pechstein bietet nun an, diese Untersuchungen auf eigene Faust dennoch zu machen. Schließlich möchte sie selbst "nur zu gerne wissen, warum ich solche anormalen Blutwerte aufweisen kann, ohne mich gedopt zu haben."

Pechstein fürchtet, dass der Weltverband ihre Karriere und Reputation beschädigt habe, einen Rest Hoffnung, dass sich die Angelegenheit noch zum Guten wende, habe sie allerdings noch.

Anders als der Weltverband hat sich Pechsteins nationaler Verband, die DESG, hinter die Sportlerin gestellt. "Bis zur rechtskräftigen Verurteilung" gehe man von ihrer Unschuld aus, heißt es in einer vom Verbandspräsidenten Gerd Heinze unterzeichneten Erklärung.

Unabhängige Experten verweisen hingegen auf die hohe Dopinganfälligkeit ihrer Sportart. Ähnlich wie im Radsport oder der Leichtathletik komme es stark auf Kraft und Ausdauer an. Der Verdacht gegen Pechstein überrasche ihn nicht, sagte der ARD-Dopingexperte Hajo Seppelt. Sie habe zuletzt "auffällige Leistungssprünge" gehabt.  

ZEIT ONLINE, dpa, misch

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