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© dpa

Durchsuchungen: Hintermänner gesucht

Nach Claudia Pechsteins Haus durchsuchen Polizisten auch Räume anderer Sportler und des Verbands.

Berlin - Dass der Fall Claudia Pechstein kein ganz gewöhnlicher Dopingfall ist, hat sich auch bis zum Bundeskriminalamt herumgesprochen. So genau wie sich Wissenschaftler ihre Blutwerte angeschaut haben und bis heute darüber streiten, so genau wollen nun auch die staatlichen Ermittler den Fall bearbeiten. Sie haben es jedenfalls nicht dabei belassen, bei Pechstein zu Hause Kontoauszüge, Computer und Arzneimittel durchzusehen und teilweise auch mitzunehmen. An 21 Orten haben sie insgesamt nach Indizien gesucht, teilte das Bundeskriminalamt jetzt mit.

Nach dem Hausbesuch bei Pechstein am Donnerstag ging die Suche am Freitag weiter, beteiligt war bei der gesamten Aktion die Polizei in Berlin, Bayern und Thüringen. Unter anderem durchsuchten die Beamten die Geschäftsstelle der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), eine Arztpraxis und Wohnungen anderer Eisschnellläufer. Wer von den Sportlern betroffen war, wollte das Bundeskriminalamt genauso wenig sagen wie die Münchner Staatsanwaltschaft, die für diesen Fall zuständig ist.

Alle Sportler, auch Pechstein, seien schließlich keine Beschuldigten, sondern Zeugen in dem Verfahren, sagte ein Staatsanwalt in München. Die Fahnder ermittelten gegen Unbekannt, nachdem die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) und die DESG im Dezember 2009 Strafanzeige gestellt hatten. „Eine routinemäßige Anzeige“, sagte Nada-Justiziarin Anja Berninger. Anlass dafür war das Urteil des Internationalen Sportgerichtshofs Cas, das die zweijährige Dopingsperre gegen Pechstein aufgrund von schwankenden Blutwerten bestätigt hatte. „Zu dieser Anzeige sind wir nach dem neuen Nada-Code verpflichtet“, sagte Berninger. In jedem Dopingfall sollten schließlich die Hintermänner von den staatlichen Strafverfolgungsbehörden ausfindig gemacht werden.

Welche Hintermänner? Das hatte Pechstein daraufhin mit Unschuldsmiene gefragt. Die Durchsuchung ihres Hauses in Brandenburg fasste sie daher eher als Chance zur Entlastung auf. „Ich habe die Ermittlungen stets begrüßt und betont, sie sollten endlich beginnen. Denn jede Recherche beziehungsweise Untersuchung wird mich entlasten“, teilte sie auf ihrer Internetseite mit.

Das bei den Durchsuchungen sichergestellte Material wird derzeit ausgewertet. Allein bei der DESG ist einiges zusammengekommen. DESG-Präsident Gerd Heinze sagte: „Die Beamten haben Computerdaten gesichert, und sie haben Rechnungen und andere Einkaufsbelege mitgenommen. Belege, mit denen man nachprüfen kann, ob man Sachen gekauft hat, die zur Manipulation geeignet gewesen wären.“ Wobei er sinngemäß hinzufügte, in seinem Verband werde man keine Dinge finden, die auf Manipulation hinwiesen.

Schon früher habe der Verband Informationen an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. „Das waren Prozessunterlagen und Personaldaten von allen Leuten, die im Leistungssport sind.“ Zudem noch Informationen zu Lehrgängen und ihrer Teilnehmer. Heinze betonte, dass es keine Hinweise auf zwei weitere deutsche Sportler gebe, die durch erhöhte Werte aufgefallen sein sollen. „Sonst wären wir informiert worden, unter anderem von der Nada. Da kam aber nichts.“

Auf ihrer Internetseite hat Claudia Pechstein nun den Hinweis platziert, dass auch in mindestens einem anderen Fall auffällige Blutwerte aufgetreten seien. Sie habe im Zuge der Ermittlungen des Bundeskriminalamts erfahren, „dass es nach dem 7. Februar 2009 und (deutlich) vor dem Inkrafttreten der neuen Wada-Guidelines (die das Heranziehen mehrerer Blutparameter vorgeben) am 1. Dezember 2009 weitere Dopingkontrollen im Eisschnelllaufen gab, die erhöhte Retikulozyten zum Vorschein brachten – und zwar nicht bei mir.“ Eine Sprecherin des Internationalen Eislauf-Verbands (ISU), erklärte allerdings: „Es sind derzeit keine Verfahren vor der Disziplinarkommission anhängig.“

Solche Verfahren möchte Pechstein auch gar nicht fordern. „Im Gegenteil: Wenn die anderen Blutparameter – so wie bei mir – gegen eine Manipulation sprechen, ist dies die einzige richtige Entscheidung. Allerdings verlange ich von den Dopingjägern, endlich einzugestehen, dass ihnen bei mir ein folgenschwerer Fehler unterlaufen ist“, ist auf ihrer Internetseite zu lesen. Ihre Unschuld will sie weiterhin auf juristischem Weg beweisen. Beim Schweizer Bundesgericht reichten ihre Anwälte jetzt die Unterlagen für eine Revision ein. Es ist Pechsteins vielleicht letzter Versuch, schon vor Ablauf der Dopingsperre 2011 wieder auf die Eisbahn zurückzukehren.

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