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Eisschnelllauf: Ein Jahr lang Tests

Im Dopingfall Pechstein schließen Gutachter eine Krankheit nicht aus – die Athletin drängt zur Eile

Berlin - Im Dopingstreit um Eisschnellläuferin Claudia Pechstein hält der als neutral berufene Schweizer Gutachter und Molekularbiologe Max Gassmann lange Untersuchungen für wahrscheinlich. Allenfalls genetische Ursachen für die auffällig hohen Retikulozyten-Werte in Pechsteins Blut könnten in wenigen Wochen gefunden werden. „Es gibt jedoch auch andere natürliche Erklärungen, wenn auch nur in wenigen Fällen“, sagte Gassmann dem Tagesspiegel. „Sollte es sich um eine dieser wenig erforschten Blutkrankheiten handeln, könnten notwendige Untersuchungen mehr als ein Jahr dauern.“ Von bekannten Blutkrankheiten käme kaum eine infrage, da Pechstein dann nicht derart viele Spitzenleistungen hätte erbringen können.

Der Nürnberger Doping-Experte Fritz Sörgel sagte nach Auswertung der Blutprofile, die hohen Werte von Pechsteins Retikulozyten rund um sportliche Meisterschaften seien besonders auffällig: Die Proben bei der WM im Februar 2009 zeigen etwa genauso hohe Ausschläge wie zum Weltcup im November 2007. Dennoch sei dies noch kein Beweis, denn die bei Eigenblutdoping üblicherweise gesteigerten Hämoglobin-Werte seien bei Pechstein außergewöhnlich niedrig. „Diese Werte nach einem möglichen Doping nach unten zu korrigieren, kann nur ein Arzt und das nur mit großem Aufwand“, sagte Sörgel auf Nachfrage.

Der Gießener Sportrechtler Jens Adolphsen betonte, dass die Beweislast beim Weltverband ISU liege, der mögliche Alternativerklärungen zum Doping ausschließen müsse. Die fünfmalige Olympiasiegerin Pechstein war von der ISU wegen Verdachts auf Blutdoping für zwei Jahre gesperrt worden. Die 37 Jahre alte Berlinerin beteuert ihre Unschuld und hat den Internationalen Sportgerichtshof Cas angerufen. Der dürfte aber erst im Herbst entscheiden.

Die Deutsche Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) geht weiter von der Unschuld ihrer Athletin aus. DESG-Anwalt Marius Beucker sagte, dass das Blut von Pechstein erst auf genetische Anomalien untersucht werden müsse, bevor sich eine klare Aussage treffen ließe. Dies hätte schon vor der Anklageerhebung getan werden müssen, meinte der Anwalt. Man hätte medizinische und juristische Fragen, die sich in so einem Pilotverfahren stellen, vorab klären sollen. Kritiker sagen hingegen, Pechstein habe zu spät, im Juni, eine eigene Untersuchung ihres Blutes veranlasst. Pechstein wusste aber schon vorher von auffälligen Werten.

Während der Streit weitergeht, möchte Pechstein so schnell wie möglich zurück aufs Eis. Sie will nun einen Eilantrag an den Internationalen Sportgerichtshof Cas stellen, um trotz der zweijährigen Dopingsperre eine Starterlaubnis für anstehende Wettkämpfe im August zu erwirken.

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