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Interview: „Blutprofile waren stets Beweismittel“

Wada-Anwalt Marius Breucker über Claudia Pechsteins alte Blutproben und die Regularien im Kampf gegen Doping.

Herr Breucker, die Anwälte von Claudia Pechstein zweifeln an, dass alte Blutproben der Eisschnellläuferin in ihrem Dopingverfahren als Beweis verwendet werden dürfen. Seit wann gilt der Blutpass von Athleten als indirektes Beweismittel?

Der Kodex der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada hat von Anfang an geregelt, dass alle verlässlichen Beweismittel zur Beweisführung herangezogen werden können.

Gelten dann also die Blutproben der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Pechstein, die vor 2009 genommen wurden, als Beweismittel?

Dazu gibt es unterschiedliche Auffassungen. Der Internationale Sportgerichtshof Cas wird darüber letztlich entscheiden. Im Wada-Code ist die Rede von „verlässlichen Beweismitteln“, und die waren schon immer zulässig.

Was hat sich denn mit dem neuen WadaCode zum 1. Januar 2009 geändert?

Zu jedem Artikel des Wada-Codes gibt es einen offiziellen Kommentar. Und in jenem speziellen Kommentar, in dem es um die Beweisführung geht, wurde nun klargestellt, dass man einen Beweis schon immer mit allen verlässlichen Mitteln führen konnte. Und es wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch Blutprofile als indirekte Beweisführung erlaubt sind.

Aber eine Klarstellung bedeutet ja nicht die Neueinführung eines Artikels. Die Blutprofile sind demnach also seit Jahren ein anerkanntes Beweismittel.

Grundsätzlich ja. Aber im Detail ist es schwieriger. Durch diesen ausdrücklichen Hinweis kann man jetzt über die Frage streiten: Wenn doch eine Klarstellung notwendig ist, bedeutet das dann, dass Blutprofile vorher nicht deutlich erkennbar darunter gefallen sind? Meine persönliche Meinung ist in diesem Punkt klar: Man konnte schon immer mit Blutprofilen als Beweismittel arbeiten.

Christian Krähe, einer der Anwälte von Claudia Pechstein und Mitarbeiter am neuen Wada-Code, ist anderer Meinung. Für ihn sind alle Blutproben der Jahre vor 2009 irrelevant.

Der Kollege Krähe beruft sich auf die seit Januar 2009 geltende Kommentierung. Nach meiner Auffassung erlaubte der Code aber schon zuvor Blutprofile als Beweismittel. Nur wurde das jetzt noch mal ausdrücklich bestätigt. Kollege Krähe greift mit seiner Argumentation den Umstand auf, dass die Blutprofile in der Kommentierung des neuen Wada-Codes erstmals ausdrücklich erwähnt sind. Der Cas muss nun entscheiden, welcher Version er folgt.

Und diese Frage wurde noch nie geklärt, weil es einen solchen Fall wie jetzt bei Pechstein nie gegeben hat?

So ist es. Und es kommt meines Wissens noch ein Punkt hinzu: Die Wissenschaftler haben die Ergebnisse der Blutprofile bisher noch nicht für verlässlich genug gehalten. Zumindest nicht, wenn es darum geht, mit ihnen allein einen Dopingverstoß zu beweisen.

Wozu hatte man dann Blutproben überhaupt genommen?

In erster Linie, um einen generellen Überblick zu erhalten. Man konnte zum Beispiel feststellen, ob bei einem bestimmten Athleten eine Zielkontrolle nötig ist.

Sie sind Anwalt des deutschen Verbandes, der mit Claudia Pechstein gegen die Sperre vorgeht. Wie haben Sie denn den Fernsehauftritt empfunden, mit dem sie sich vergangene Woche entlasten wollte?

Sie werden verstehen, dass ich zu diesem Punkt nichts sagen werde.

Das Gespräch führte Frank Bachner.

Marius Breucker, 36, vertritt im Fall Pechstein die Deutsche

Eisschnelllauf-Gemeinschaft. Der Rechtsanwalt arbeitet seit

Jahren auch für die Welt-Anti-Doping-

Agentur Wada.

Interview: Frank Bachner

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