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Kommentar: Mit Verspätung betroffen

Und das alles nach 20 Jahren Schweigen und Weitermachen. Robert Ide über die Dopingerklärung der DDR-Trainer.

Diese Entschuldigung kommt viel zu spät. 20 Jahre nach der friedlichen Revolution, die auch das auf Medaillen getrimmte und auf Doping gestützte Sportsystem der DDR zum Einsturz gebracht hat, haben sich fünf Leichtathletik-Trainer zu ihrer früheren Verantwortung bekannt. In einer Erklärung entschuldigen sie sich nun bei den Opfern, denen sie „im Einzelfall“ Dopingmittel verabreicht hätten; über die gesundheitlichen Schäden zeigen sie sich „tief betroffen“. Nach 20 Jahren Schweigen.

Jetzt sollen die Trainer weiterarbeiten dürfen im gesamtdeutschen Sport – unterstützt mit Steuergeld. So war das mit Sportverbänden und Regierung verabredet. Dieser Schlussstrich mag eine lang ersehnte Rechts- und Planungssicherheit bringen, moralisch aber bleibt er fragwürdig. Und zwar nicht nur, weil nach so langer Zeit der Eindruck nahe liegt, den Trainern gehe es eher um die Sicherung ihres Einkommens als um echte Einsicht.

Darf Doping verjähren? Natürlich muss es das irgendwann (auch wenn die Opfer ein Leben lang leiden, und zwar nicht nur gesundheitlich). Aber der organisierte Sport macht es sich zu einfach. Statt individuelle Schuld zu benennen und die Folgen für das Heute zu diskutieren, statt aus der Sportgeschichte des Kalten Krieges (inklusive des privat organisierten Dopings in der alten Bundesrepublik) Lehren zu ziehen, wird schnell mal eine Amnestie arrangiert.

Die Trainer haben 20 Jahre lang geschwiegen und weitergemacht, der gesamtdeutsche Sport hat sie dazu ermuntert und lieber leise die Medaillen gezählt. Das lässt sich nicht entschuldigen.

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