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Herzlichen Glückwunsch. Der spanische Radsportverband hat Alberto Contador vom Dopingvorwurf freigesprochen.

© Reuters

Update

Dopingvorwurf: Spanischer Radsportverband spricht Contador frei

Der spanische Radsport-Verband hat den dreimaligen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador vom Vorwurf des Dopings freigesprochen. Das teilte sein Anwalt nach Medienberichten vom Dienstag in Madrid mit.

Der König steht über dem Gesetz. An diesen monarchistischen Grundsatz erinnert die am Dienstag verkündete Entscheidung des Königlich Spanischen Radsportverbandes (RFEC), den dreifachen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador trotz vorgefundener Spuren des Dopingpräparats Clenbuterol nicht mit einer Sperre zu belangen. Ebenfalls in seinem Blut nachgewiesene Spuren des Weichmachers DEHP, die von Eigenblutdoping stammen können, wurden bei der Entscheidung offenbar nicht berücksichtigt. „Ich war davon überzeugt, dass es eine Wende geben könnte“, sagte Contador in einem TV-Interview.

Der Rad-Weltverband UCI ließ nach dem Eingang des Urteils zunächst offen, ob er Einspruch beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) einlegen wird. Die Einspruchsfrist beträgt 30 Tage, auch die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) kann – und wird wahrscheinlich – gegen die Entscheidung vorgehen. Die RFEC widerrief mit ihrem aktuellen Urteilsspruch die eigene, am 27. Januar veröffentlichte Absicht, Contador für ein Jahr zu sperren. Der spanische Verband folgte damit dem Votum des spanischen Ministerpräsidenten José Luis Zapatero. „Es gibt keinen juristischen Grund, Contador zu bestrafen“, twitterte der Regierungschef in der vergangenen Woche. Solch ein Eingriff der politischen Macht in die Sportjustiz wäre in Deutschland damit vergleichbar, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel sich zum Beispiel vor den in den Dopingskandal „Operacion Puerto“ verwickelten Radprofi Jan Ullrich gestellt oder die Polizistin und Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein als „juristisch nicht belangbar“ bezeichnet hätte.

Spanien setzt sich damit dem Verdacht der Rechtsbeugung aus. Denn gegen den 28 Jahre alten Radprofi aus der Madrider Vorstadt Pinto liegen gewichtige Indizien vor. Bei vier Dopingkontrollen während der Tour de France wurden bei ihm geringe Mengen des Muskelaufbaupräparats Clenbuterol nachgewiesen. Die Menge – 50, 16, 7 und 17 Pikogramm zwischen dem 21. und 25. Juli 2010 – ist nach Ansicht der meisten Experten zwar nicht ausreichend für einen leistungssteigernden Effekt. Die Gesetzgebung der Wada sieht aber die volle Verantwortung des Athleten für alle Substanzen in seinem Körper vor. Nur wenn der Sportler nachweisen kann, dass die Substanz ohne eigenes Verschulden in den Organismus gelangt ist, kann von einer Sperre abgesehen werden.

Dies war beim deutschen Tischtennisspieler Dimitrij Owtscharow der Fall. Bei ihm wurden 75 Pikogramm Clenbuterol gefunden, er wurde aber vor wenigen Tagen endgültig von der Wada freigesprochen. Contadors Anwälte verwiesen auf diesen Vorgang; zu Unrecht, glaubt Owtscharows Verteidiger Michael Lehner. „Es gibt keine Parallelen zwischen den beiden Fällen. Wir haben eindeutig nachweisen können, dass das Clenbuterol aus der Nahrungskette kam. Owtscharow hat Haarproben abgegeben. Bei seinen Mannschaftskameraden, die das Gleiche gegessen haben, wurde ebenfalls Clenbuterol gefunden. China ist für Probleme in der Lebensmittelbranche bekannt. Der Sportler hielt sich dort zwei Wochen auf", sagte Lehner dem Tagesspiegel.

Contador führt hingegen die Spuren von Clenbuterol auf ein Stück Rindfleisch aus dem spanischen Baskenland zurück. Dort wurden in den vergangenen zehn Jahren keine Fleischverunreinigungen mit Clenbuterol festgestellt. Von Contadors Teamkollegen, die ebenfalls von dem Fleisch gegessen hatten, wurden keine Haarproben genommen.

Der Verdacht, dass das Clenbuterol durch Zufuhr von angereichertem Blut in Contadors Körper gelangte, wurde ebenfalls nicht ausgeräumt. Im belgischen Magazin „Humo“ behauptete ein anonymer Zeuge aus dem Umfeld vom Team Astana, dass Contador sich während der Tour de France eine Wochen zuvor entnommene Dosis von 150 Millilitern Blut zugeführt haben soll. Solange diese Frage nicht geklärt ist, ist der Freispruch als eine Konzessionsentscheidung zugunsten des weltbesten Rundfahrers zu werten. Contadors Sonderbehandlung führt auch zu einem weiteren Glaubwürdigkeitsverlust des gesamten Radsports. Contador ficht das nicht an. Er will bei der am Mittwoch beginnenden Algarve-Rundfahrt starten.

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