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Sport: Doppelte Tränen

Michael Schmid gewinnt mit Nelson November auch das Deutsche Traber-Derby

Berlin. Tränen hatte Michael Schmid schon vor dem großen Sieg vergossen. Am Samstag hatte er nach seinem Triumph im Stuten-Derby auf der Trabrennbahn Mariendorf das gemacht, was sich für einen Gentleman gehört: Mit Nordic Gold November war er nach der Zieldurchfahrt nicht etwa schnurstracks in den Winner-Circle abgebogen. Nein, Schmid hatte erst die an den Banden wartende Pflegerin der Stute, Michaela Kolpatzki, als Zeichen seiner Ehrerbietung in den Sulky geholt. Als die 29-Jährige mit auf den Aluminiumwagen sprang, weinte sie hemmungslos vor Freude. „Da habe ich auch wie ein Schlosshund geheult“, sagte Schmid im Rückblick.

Als dieses Team gestern wieder in identischer Zusammensetzung gemeinsam mit Trainer Gerhard Holtermann und dem Besitzer-Ehepaar Theresia und Michael Schröer vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit und von 20 000 begeisterten Zuschauern im Winner-Circle gefeiert wurde, da war er wesentlich beherrschter. Vielleicht war Schmid noch von der eigenen eiskalten Taktik beeinflusst und von der Leistung seines dreijährigen Hengstes Nelson November, mit der er Sekunden zuvor das 108. Deutsche Traber-Derby um die Gesamtdotation von 469 332 Euro gewonnen hatte.

Der Rennverlauf, den Michael Schmid mit seinem Traber, unterstützt durch den zweiten Stallgefährten Siegfried Huber im Sulky von Napoleon November, den anderen acht Derby-Gespannen aufgezwungen hatte, war meisterlich. Vom guten Startplatz zwei aus ging er nicht – wie von allen erwartet – sofort in Front. Stattdessen übernahm Heinz Wewering mit dem Hengst Sheriff As das Kommando. Doch bereits nach 400 Metern machte Siegfried Huber Druck und übernahm eine knappe Runde vor dem Ziel die Führung. Gleich dahinter rückte Schmid mit Nelson November auf.

Schon 800 Meter vor dem Ziel hatten beide November-Stallgefährten sämtliche Gegner unter Kontrolle. Und als es um den Sieg ging, zeigte sich sofort, welcher der beiden von Michael Schröer gezüchteten Traber der bessere ist. Mit unwiderstehlicher Kraft zog Nelson November an dem Boxennachbarn Napoleon November vorbei. In der Kilometerzeit von 1:13,9 Minuten trennten ihn auf der Ziellinie schließlich zweieinhalb Längen von dem Trainingsgefährten. Sir Maurits sprintete mit dem Holländer Peter Strooper drei weitere Längen dahinter überraschend auf Rang drei.

Für das Erfolgsteam um den nunmehr acht Zuchtrennen hintereinander ungeschlagenen Hengst Nelson November bedeutete der Sieg im Deutschen Traber-Derby nach dem Erfolg im Adbell-Toddington-Rennen und im Buddenbrock-Rennen den Triumph in der Dreifachen Krone, der höchsten Auszeichnung im nationalen Trabrennsport. Für Theresia und Michael Schröer war es nach Holley Anthony (1991), Pik König (1995) und General November (1996) der vierte Sieg im wichtigsten deutschen Rennen. Und als Michael Schröer dann zum Schluss der Siegerehrung die eisernen Nerven seines Stallpiloten herausstrich, da rollten bei Michael Schmid, der bereits am Nachmittag mit Nabucco November auch noch den mit 20 500 Euro dotierten Derby-Trostlauf gewann, dann still und heimlich dann doch ein paar Tränen. Und die sagten bei dem 36-Jährigen, der dem großen öffentlichen Erwartungsdruck mit seinem Favoriten im 108. Deutschen Traber-Derby höchst eindrucksvoll gerecht geworden war, mehr als alle Worte.

Heiko Lingk

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