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Dortmund-Coach Jürgen Klopp im Interview: „Als Trainer bin ich enttäuscht“

Jürgen Klopp über Dortmunder Spieler auf der EM-Ersatzbank, Matthias Sammers Transfer nach München und die Ansprüche seiner Borussia vor der neuen Bundesligasaison.

Herr Klopp, Matthias Sammer ist nun ein mächtiger Mann beim FC Bayern. Dabei war er in seiner Karriere Borussia Dortmund viel näher, als Trainer und als Spieler. Wurmt Sie sein Wechsel nach München?

Matthias Sammer war ein außergewöhnlicher Spieler mit großer BVB-Geschichte. Dazu kommt noch, dass ich ihn persönlich sehr mag. Sonst ist diese Personalie für uns nicht so wichtig.

Ist es Ihnen vielleicht sogar recht, dass Sammer nun Sportdirektor in München ist, weil Sie die Favoritenrolle damit wieder galant den Bayern zuschieben können?

So richtig habe ich das mit der Favoritenrolle noch nie verstanden. Für mich geht es in erster Linie um Eigenwahrnehmung. Und die ist bei uns so, dass Erfolg auch etwas anderes bedeuten kann als der Gewinn der Meisterschaft. Wir haben für uns das Erreichen der Champions League als Ziel festgelegt.

Aber wenn der BVB als Meisterschaftsfavorit wahrgenommen wird, ist das angesichts der jüngsten Erfolge ja nicht aus der Luft gegriffen.

Wir haben durchaus auch festgestellt, dass wir gut kicken und erfolgreich sein können. Aber deshalb werden wir es uns nicht nehmen lassen, unsere Situation weiterhin realistisch einzuschätzen. Darüber hinaus ist es mir wesentlich lieber, wenn wir als Titelaspirant gehandelt werden, als wenn uns niemand auf dem Zettel hat.

Wie ausgeprägt ist denn Ihre Lust auf Fußball, sieben Wochen nach dem Doublegewinn?

Sehr groß.

Video: "Professor" Klopp lässt es krachen

Ist es ein großes Problem für Sie, dass der Kader ausgedünnt ist, weil die zehn Nationalspieler des BVB aufgrund der EM noch Urlaub haben?

Nicht wirklich. Kompliziert wäre die Lage nur, wenn wir nicht wüssten, wann die Jungs zu uns kommen und wir sie innerhalb von drei bis vier Tagen auf die Saison vorbereiten müssten. So bleibt uns genügend Zeit. Während einer Sommerpause musst du deinen Spielern Minimum drei Wochen absolute Erholung gönnen. Bei uns bekommen sie sogar drei Wochen und zwei Tage.

Wie großzügig.

Klar, so sind wir, da haben wir mal wieder richtig einen rausgehauen. Wenn die Nationalspieler wieder bei uns sind, werden die anderen schon richtig viele Kilometer gelaufen sein. Dann ist es deren Aufgabe, Gas zu geben und aufzuholen.

Dortmunds Meistertitel in Bildern:

Wie wollen Sie Mario Götze wieder an die Mannschaft heranführen? Er hat ja im letzten halben Jahr kaum gespielt.

Das ist eine klassische Situation für solch einen Instinktfußballer, der so lange das nicht tun durfte, was er am allerliebsten macht. Das ist eine echte Aufgabe, damit umzugehen. Wir werden ihn darauf vorbereiten, eine ganze Saison in einer richtig guten Verfassung zu bestreiten.

Mario Götze spielte bei der EM in der deutschen Mannschaft keine Rolle, so wie auch andere Dortmunder Spieler. Hat Sie das sehr enttäuscht?

Ich war nicht enttäuscht von Joachim Löw, sondern eher als Trainer, der seine Jungs gerne sieht und gerne mag. Mats Hummels hat den Sprung zum Stammspieler geschafft, und die anderen sind alle noch jung genug, um in Zukunft ihre Rolle in der Nationalmannschaft ausbauen zu können. Es ist unsere Aufgabe, die Jungs so gut zu machen, dass über sie nicht mehr diskutiert werden muss.

Sie haben neulich gesagt, die EM habe gezeigt, wie wichtig es sei, streng nach Leistung aufzustellen. Das kann als Kritik am Bundestrainer interpretiert werden, oder?

Das habe ich auch gehört, dass das so aufgenommen wurde. Der eine oder andere Nationalspieler war nicht hundertprozentig fit, und das Problem des Kollegen Löw ist, dass er nur drei Wochen Zeit hat. Während einer Bundesligasaison kann ich sagen: Geh noch mal raus auf die Weide und trainier’ eine Runde. Joachim Löw kann das nicht.

Das Gespräch führte Felix Meininghaus.

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