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Totilas, das neue Pferd von Dressurreiter Matthias Alexander Rath, hat 10 Millionen Euro gekostet.

© dpa

Dressur: „Totilas weiß selbst, wie gut er ist“

Matthias Alexander Rath im Tagesspiegel-Interview über seine Erfahrungen mit dem Hengst Totilas, der als das weltbeste Dressurpferd gilt. Die Fragen stellte Katja Reinmann.

Matthias Alexander Rath, 26, stammt aus einer Reiterfamilie. Sein Vater Klaus Martin Rath ist Trainer, seine Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff war 1988 Dressur-Olympiasiegerin. Ein Interview.

Herr Rath, Sie reiten Totilas, das beste Pferd der Welt. Sie wissen, dass jeder Nicht-Sieg ab sofort ein katastrophaler Misserfolg ist.
Insofern ist es natürlich am einfachsten, wenn ich gewinne.

Der Hengst soll zehn Millionen Euro gekostet haben. Hatten Sie keine Bedenken, bevor Sie ihn zum ersten Mal geritten haben?
Angst hatte ich keine. Aber Respekt vor Totilas’ Persönlichkeit. Er hat eine Wahnsinns-Ausstrahlung. Wenn man in den Stall kommt und er einen von oben bis unten mustert, puh. Der weiß mit Sicherheit, wie gut er ist. Totilas ist sehr selbstbewusst und hat viel Stolz.

Er ist also arrogant.
Arroganz ist das falsche Wort. Dieses Pferd kämpft einfach noch mal ein bisschen mehr mit, wenn Menschen zusehen. Er hat viele Möglichkeiten, aber die muss man auch heraus reiten.

Wie benimmt er sich?
Der schüttelt sich mal, und es gibt auch Lektionen, die nicht sofort funktionieren. Wenn ich drauf sitze, denke ich sicher nicht darüber nach, wie viel Totilas gekostet hat. Dann ist er für mich ein Pferd wie jedes andere. Wenn man als Reiter allerdings die richtigen Hilfen gibt, macht er tatsächlich alles perfekt.

Bei Fehlern nehmen Sie alle Schuld auf sich?
Wer das Pferd im vergangenen Jahr gesehen hat, weiß, dass bei ihm fast jede Lektion nahezu perfekt ist.

Normalerweise gilt immer der Reiter als Star – bei Ihnen ist es das Pferd.
Das ist sicher etwas Neues. Aber von mir aus kann er ruhig weiter der Star bleiben.

Was würde denn passieren, wenn sich ein Anfänger auf Totilas setzte?
Tja, das kommt darauf an, wie gut er reiten kann. Aber es funktioniert sicher nicht wie bei einem Auto: Man setzt sich rein und fährt. Mit solchen Grand-Prix-Pferden kann man nicht einfach drauf losreiten. Das ist ähnlich wie in der Formel 1. Wenn wir uns in einen solch speziellen Wagen setzen, kriegen wir auch keine anständige Runde hin.

Bei Ihnen beiden herrschte angeblich direkt völlige Harmonie.
Ja, man merkt das selbst noch schneller, als die Leute es sehen. Manchmal sieht es sogar von unten gut aus und fühlt sich von oben schrecklich an. Bei Totilas aber hatte ich von Anfang an ein unglaublich tolles Gefühl. Meine Eltern und Paul Schockemöhle hatten das beim Zuschauen auch.

Totilas ist ein Rappe, pechschwarz. Im Gästebuch auf Ihrer Webseite steht: „Füchse stehen Ihnen besser.“
Die Farbe ist wirklich unwichtig. Ich hätte ihn auch geritten, wenn er ein Schimmel gewesen wäre. Wobei, ich muss sagen …

… Schwarz macht mehr her. Black Beauty, Fury …
… in der Tat. Und ehrlich gesagt: Die Bilder von uns, die ich bisher gesehen habe – das passte ganz gut.

In Ihrem Online-Gästebuch steht auch: „Sie erkaufen sich eine olympische Medaille, weil Sie es mit eigener Leistung nicht schaffen.“
Das ist unsinnig. Mit der Ausbildung des Pferdes hat der Vorbesitzer Edward Gal hervorragende Arbeit geleistet, davor habe ich großen Respekt. Aber wie gesagt: Es ist eben nicht nur Draufsteigen, Losreiten, und schon hat man die Goldmedaille.

Vielleicht zielte der Kommentar auf die Chancenungleichheit in Ihrem Sport. Empfinden Sie die nicht auch als ziemlich gravierend? Der eine kann ihn sich leisten, der andere nicht.
Pferde haben schon immer Geld gekostet.

Aber keine zehn Millionen.
Letztlich ist es nicht anders als in anderen Sportarten. Ein Fußballspieler kostet viel mehr. Wenn Real Madrid einen Spieler für 90 Millionen kauft, dann macht der Verein das einfach, und alle sagen: Wahnsinn, so viel Geld! Und da wird ein Mensch verkauft, kein Tier.

Wie kamen Sie überhaupt zu Totilas?
Ich habe zunächst nur aus den Nachrichten vernommen, dass Paul Schockemöhle das Pferd gekauft hat. Irgendwann hat er sich mit uns in Verbindung gesetzt und gefragt, ob ich Interesse hätte, den Hengst zu reiten. Bei so einer Möglichkeit sagt man nicht Nein. Wir sind hingefahren, haben uns gesagt: Wir müssen das ausprobieren. Als alle ein gutes Gefühl hatten, haben sich meine Eltern und Schockemöhle zusammengesetzt und eine Besitzergemeinschaft vereinbart.

Hat Ihre Mutter Ann Kathrin Linsenhoff, selbst Olympiasiegerin der Dressur, Sie vorab nicht gewarnt vor dem Erwartungsdruck, der nun auf Ihnen lastet?
Totilas und ich müssen uns erst noch aneinander gewöhnen. Angenommen, ich bekomme bei unserem ersten Turnier eine Wertung unter 80 Prozent, dann kriege ich gleich eine übergebraten. In der Familie haben wir darüber gesprochen. Aber wenn wir nicht glauben würden, dass es klappt, würden wir es nicht machen.

Der Hengst zieht im Frühjahr auf den Hof Ihrer Eltern …
Im Januar kommt er schon mal kurz, weil wir Anfang Februar bei zwei Hengstvorführungen in Vechta starten. Dann können wir längere Zeit konstant trainieren, was gut ist, weil wir uns dann noch intensiver kennen lernen. Ab Ende April, Anfang Mai zieht er dann ganz zu uns.

Bei Paul Schockemöhle wird er nachts bewacht. Schläft er bei Ihnen allein?
Vor der Box schläft sicher keiner. Es wohnen ohnehin viele Leute auf dem Hof – alle Mädchen und Jungs, die bei uns arbeiten zum Beispiel. Teilweise liegen die Wohnungen fünf bis zehn Meter neben dem Stall, da hört man alles und kriegt alles mit. Meine Eltern leben hier auch. Totilas wird also nie alleine sein, steht aber ganz normal im Stall mit all unseren anderen Pferden.

Er ist sicher hoch versichert.
Meine Eltern und Paul Schockemöhle haben sich darum gekümmert. Ich weiß nur, dass er über die komplette Kaufsumme versichert ist.

Auf Ihrer Webseite gibt es viele schöne Bilder: Sie mit Ihren Pferden auf der Weide …
Totilas werde ich nicht frei auf der Weide laufen lassen. Mit solchen Pferden geht man zusammen raus und lässt sie an der Hand grasen.

… Sie mit Ihren Pferden beim Kuscheln …
Wir haben zu all unseren Pferden eine enge und partnerschaftliche Beziehung. Ich werde Totilas ganz sicher auch mal in den Arm nehmen.

Matthias Alexander Rath, 26, stammt aus einer Reiterfamilie. Sein Vater Klaus Martin Rath ist Trainer, seine Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff war 1988 Dressur-Olympiasiegerin.

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