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Dritte Trophäe: Lionel Messi ist Weltfußballer 2011

Völlig verdient wurde Lionel Messi zum dritten Mal zum Weltfußballer des Jahres gekürt: Unerreicht ist die Zärtlichkeit in seiner Beziehung zum Ball, von überirdischer Klasse ist sein Können.

Das Großartige an Lionel Messis Fußballkunst ist, dass sie sich der irdischen Kritik zuweilen erst auf den zweiten Blick erschließt. Wenn überhaupt, und dann auch nur mit technischer Unterstützung. Zum Beispiel dieses Tor im Achtelfinale der Champions League. FC Barcelona gegen FC Arsenal. Ganz allein läuft er auf Wojciech Szczesny, Arsenals riesigen Torhüter. Reine Formsache, denken die Culés auf den Tribünen im Camp Nou, sie feiern schon das Führungstor und schreien doch entsetzt auf: Ihr Held hat sich den Ball einen Tick zu weit vorgelegt. Auch im Fernsehen ist deutlich zu sehen,  wie Stürmer und Torhüter zusammenrasseln, aber Messi hat Glück. Der Ball saust nicht nach links oder rechts, er plumpst ihm direkt auf den linken Fuß, mit dem er ihn in das jetzt leere Londoner Tor jagt.

Die Vorlage zu diesem Tor hat der großartige Andres Iniesta gegeben, es war ein Pass mit gewohnt perfektem Timing in eine mit bloßem Auge kaum sichtbare Lücke zwischen drei Verteidigern. Iniesta ist, wie der nicht minder großartige Xavi Hernandez, das unverzichtbare Gegenstück zu Lionel Messi. Der Schlüssel, ohne den die Wundertaten des Argentiniers nicht zu erklären, ja überhaupt nicht möglich sind. So urteilen jene Kritiker, die sich schwer damit anfreunden können, dass Messi am Montag in Zürich zum nunmehr dritten Mal in Folge den Goldenen Ball als Bester Fußballspieler der Welt in Empfang nehmen durfte.

Gern verweisen diese Kritiker darauf, wie wenig Messi ohne seine katalanischen Adjutanten in der argentinischen Nationalmannschaft zustande bringe. Messi sei nicht mehr als eine Inszenierung von Xavi und Iniesta, deshalb gebühre der Goldene Ball einem von ihnen oder beiden zusammen. Lionel Messi lebe vor allem von seinen spektakulären Dribblings, und manchmal hat er auch noch Glück, dass ihm der Ball zufällig auf den Fuß fliegt. Wie bei jenem Zusammenstoß mit dem Torhüter des FC Arsenal. Von wegen!

Gepriesen sei an dieser Stelle die Erfindung der Zeitlupe, denn nur mit ihrer Hilfe lässt sich das Geniale in Messis Spiel erkennen, die unerreichte Zärtlichkeit in seiner Beziehung zum Ball. Der arme Szczesny hätte sich nur zu gern an einem Zusammenstoß erfreut, aber diese Gefahr hat nie bestanden, denn für solche Banalitäten ist der beste Fußballspieler der Welt nicht anfällig.

Lassen wir die Kamera heranzoomen, ganz dicht an die kleinen Füße des kleinen Argentiniers. Erst jetzt offenbart sich die Größe des Augenblicks. Wie Messi den Ball aus vollem Lauf mit dem Spann des linken Fußes chipt und ihm so viel Rotation mit auf die Flugbahn gibt, dass er gerade so über den ausgestreckten Arm des Torhüters fliegt und danach wie selbstverständlich zurück auf den Fuß des Künstlers fällt, und jetzt ist der Rest wirklich Formsache.

Ja, der das Tor einleitende Pass von Iniesta war schön anzuschauen, aber eben doch von irdischer Klasse und deswegen auch häufiger zu bestaunen in den Fußballstadien der Welt. Messis Veredlung aber ist ein Unikat. Seine Klasse besteht auch darin, dass er dem Hochgeschwindigkeitsfußball des dritten Jahrtausends ein wenig erhalten hat von der Schönheit der Epoche verblichener Helden wie Pelé, Platini oder Maradona. Zwischen den Siebziger und Neunziger Jahren war das Spiel schöner – aber auch sehr viel langsamer.

Messis Verdienst liegt in der Synthese von Tempo und Poesie. Ein Kunstwerk wie jenes Tor  gegen Arsenal kann niemand sonst auf der Welt erschaffen. Und deshalb hat Lionel Messi am Montag auch völlig verdient seinen dritten Goldenen Ball bekommen.

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