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© KEYSTONE

Sport: Du musst es dir verdienen

Die Goldmedaille für die kanadische Eishockey-Nationalmannschaft wird im Land der Spiele als nationale Mission betrachtet. Vor allem, um den USA eins auszuwischen

Anfang September hatte Barack Obama „einen dieser sehr angenehmen Termine“ im Weißen Haus, wie er sagte. Der Präsident der USA begrüßte den „Weltmeister im Eishockey“ – die Pittsburgh Penguins. Nach der sich im Sport oft nicht durch Bescheidenheit auszeichnenden nordamerikanischem Selbstzentriertheit ist der Titel in der besten Eishockey-Liga der Welt eben der wichtigste im Welteishockey. Da widmet dann auch mal der Präsident der USA der Mannschaft des Champions acht Minuten, ist doch die National Hockey League (NHL) vor allem die Liga der US-Amerikaner. Von 30 Klubs sind 24 in den USA beheimatet und nur sechs in Kanada. Die Kanadier stellen zwar noch immer die Masse der Spieler, aber ihre Stars sind lokal eingemeindet. Obama ehrte im September selbstverständlich „unseren Sidney“ Crosby, den Kapitän der Penguins.

Sidney Crosby ist zwar Kanadier, aber vor allem der Jungstar aus Pittsburgh. Die USA haben aus finanziellen Beweggründen dem kleinen nördlichem Nachbarn die Profiliga über die Jahre systematisch weggenommen, Kalifornien oder Florida bieten eben bessere Märkte als Quebec oder Manitoba. Dabei sind die USA nicht immer pfleglich umgegangen mit dem kanadischen Volkssport: Eishockey ist in den USA vielerorts nicht so populär wie Football, Baseball oder Basketball, die Teams wurden nach Gutdünken von Stadt zu Stadt verschoben, und die Fernsehverträge sind vergleichsweise lausig. In Kanada dagegen gibt es Eishockey zu jeder Tageszeit im Fernsehen. Selbst Juniorenspiele werden von mehr als 15 000 Zuschauern verfolgt. Zum Beispiel das Finale der vergangenen U-20-Weltmeisterschaft in Saskatoon, in der Provinz Regina. Kanada verlor es 5:6 – gegen das Juniorenteam der USA.

Die US-Amerikaner betreiben seit einigen Jahren die vielleicht beste Nachwuchsarbeit im Eishockey überhaupt, noch ein Ärgernis für den kleinen Nachbarn. Nun allerdings spielen die vorrangig in US-Klubs beschäftigten kanadischen Profis in Vancouver um Gold und können dem großen Nachbarn mal gehörig eins auswischen. Hauptgrund dafür, dass die Kanadier nun bei den Spielen von Vancouver die Goldmedaille im Eishockey als eine Mission von nationaler Tragweite verstehen. So wird zum Beispiel das Fantrikot des Teams Kanada mit dem Slogan angepriesen: „Du kannst es dir nicht kaufen, du musst es dir verdienen.“

Es wird sportlich kein Selbstläufer für die Kanadier, das wird dieser Tage oft gesagt. Schließlich sind da nicht nur die USA, sondern auch noch die Russen, Schweden oder Tschechen, die die große Party von Vancouver absagen könnten. Und es ist womöglich die letzte Chance überhaupt für die Kanadier, auf so hohem Niveau olympisches Gold zu holen. Gary Bettman, der Comissioner der NHL, hat bereits laut darüber nachgedacht, die NHL bei den nächsten Olympischen Spielen nicht noch einmal pausieren zu lassen. „Es ist schwer für ein Unternehmen, zwei Wochen lang dicht zu machen, und auf so viele Zuschauer und Aufmerksamkeit zu verzichten“, hat Bettman gesagt. Schließlich sei das russische Sotschi, der Austragungsort der Spiele 2014, für die NHL eben kein interessanter Markt, zudem drohten wegen der Zeitverschiebung unattraktive Sendezeiten. Dafür wollen die Betreiber der Großarenen in den USA lieber nicht mehr mitten in der Saison den Spielbetrieb ruhen lassen – diesmal haben sie das ja auch schon nicht gerne gemacht.

Das Eishockeyturnier der Männer, das am Dienstag mit dem Spiel USA gegen die Schweiz und mit dem ersten Auftritt von Gastgeber Kanada gegen Norwegen beginnt (ca. 22.30 bzw. 1.30 Uhr im ZDF), muss mit nur zwölf Tagen auskommen – länger wollte die NHL nicht pausieren. Warum auch? Weltmeister sind ja schon die Pittsburgh Penguins und olympisches Gold zählt in der NHL weniger.

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