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Rivalen. Im australischen Adelaide (großes Bild) liefern sich 1994 Michael Schumacher (vorn/Benetton-Ford) und Damon Hill (Williams-Renault) einen erbitterten Kampf.

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Duelle in der Formel 1: „Und dann schießt mich dieser Idiot von der Strecke“

Heute könnte Sebastian Vettel seinen 50. Karrieresieg in der Formel 1 einfahren. Beim letzten Grand Prix in Baku fuhr er seinem Rivalen Lewis Hamilton absichtlich in die Seite.

Von David Joram

An diesem Wochenende ist die Formel 1 in Baku (Aserbaidschan) zu Gast. Mit Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Vettel, Hamilton, Baku, da war doch was! Richtig, am 25. Juni 2017 hat der Deutsche den Aufreger des Formel-1-Jahres provoziert, als er Mercedes-Pilot Lewis Hamilton während einer Safety-Car-Phase absichtlich in die Seite fuhr. Ein Blick in die Historie zeigt, dass dieses unrühmliche Manöver kein Einzelfall war. Auch Legenden wie Ayrton Senna und Michael Schumacher verhielten sich einst ähnlich rüpelhaft. Ein Rückblick.

08.08.1982, GP von Deutschland in Hockenheim: Nelson Piquet vs. Eliseo Salazar

Der Grand Prix von Deutschland 1982 hat als „Boxkampf von Hockenheim“ seinen Platz in den Geschichtsbüchern der Formel 1 sicher. Hauptdarsteller dieser filmreifen Szene sind Nelson Piquet und Eliseo Salazar. In der 19. Runde läuft Piquet auf den zur Überrundung anstehenden Salazar auf. Piquet lenkt in die Schikane ein, doch der Chilene, der Piquet offenbar wegen eines fehlenden Außenspiegels übersieht, kann die Kollision nicht mehr vermeiden.

Beide Fahrer springen aus ihren Autos. Piquet ist wütend, attackiert seinen Unfallgegner mit einigen Schlägen und Tritten. Über Patrick Tambays Sieg spricht nach dem Rennen keiner mehr. Ein milde gestimmter Salazar sagt im Anschluss: „Ich hatte großen Respekt vor Nelson, er hat mir in der Anfangsphase meiner Karriere sehr geholfen.“ Piquet ist weniger versöhnungsbereit. „Natürlich war ich sauer! Das wärst du auch. Ich hatte das Rennen in der Tasche, und dann schießt mich dieser Idiot von der Strecke“, beschwert er sich einem Reporter gegenüber.

22.10.1989, GP von Japan in Suzuka: Alain Prost vs. Ayrton Senna

1989 machen Alain Prost und Ayrton Senna den WM-Titel unter sich aus. Beim GP von Japan, dem vorletzten Rennen des Jahres, muss Senna gewinnen, um noch eine Chance im Finale in Australien zu haben. In Runde 40 kommt es zum dramatischen Höhepunkt: Senna setzt gegen Prost zum Überholmanöver an, doch an beiden Autos blockieren die Reifen, sie verhaken sich und kommen zum Stillstand.

Die beiden McLaren-Profis gestikulieren wild, ehe Streckenposten die Fahrzeuge lösen und anschieben. Prost muss das Rennen beenden, Senna fährt trotz beschädigtem Frontflügel zum Sieg. Seine Freude kennt keine Grenzen, doch sie währt nicht lange. Der Brasilianer wird disqualifiziert, weil er nach der Kollision die Schikane ausgelassen und die Strecke abgekürzt hat. Der WM-Titel geht an Prost.

Wie Michael Schumacher erstmals Weltmeister wurde

2010 kollidieren Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel (l.) und Teamkollege Mark Webber beim Großen Preis der Türkei in Istanbul.
2010 kollidieren Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel (l.) und Teamkollege Mark Webber beim Großen Preis der Türkei in Istanbul.

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21.10.1990, GP von Japan in Suzuka: Alain Prost vs. Ayrton Senna

Wieder Suzuka. Wieder Prost gegen Senna. Wieder eine Titelentscheidung. Die Eindrücke der Kollision der beiden McLaren-Piloten im Jahr zuvor an gleicher Stelle werden wieder ins Gedächtnis gerufen. Doch diesmal mit vertauschten Rollen. Prost, im Dienst von Ferrari, muss für seinen Titeltraum vor seinem Rivalen landen. Ein Ausfall von beiden würde Senna den Titel bescheren. Im Vorfeld des Rennens bittet Senna um eine Verlegung der Pole-Position. Seiner Meinung nach befindet sie sich auf der falschen Seite.

Doch der Mann aus dem zu jener Zeit motorsportverrückten Brasilien ist mit seinem Protest nicht erfolgreich und sagt: „Wenn Prost den Start gewinnt, weil ich auf der falschen Seite stehe, dann werde ich es in der ersten Kurve drauf ankommen lassen. Er sollte besser nicht vor mir einlenken, denn dann wird er es nicht durch die Kurve schaffen.“ Genau so kommt es. Die von Senna erzwungene Kollision macht ihn zum Weltmeister. Ein Jahr später gibt er zu, dass der Unfall Absicht war.

13.11.1994, GP von Australien in Adelaide: Michael Schumacher vs. Damon Hill

Saisonfinale 1994, das Duell Damon Hill gegen den jungen Michael Schumacher steht an. Der Deutsche geht mit einem Punkt Vorsprung ins Rennen und führt dieses an, dicht gefolgt von Hill. Als Schumacher einen Fehler macht und von der Strecke rutscht, wagt Hill in der nächsten Kurve das Überholmanöver. Schumacher macht rücksichtslos die Tür zu, es kommt zum Unfall. Schumachers Benetton hebt ab und bleibt im Reifenstapel hängen.

Hill kann zunächst weiterfahren, muss eine Runde später aber an die Box, weil die Radaufhängung seines Williams beim Crash beschädigt wurde. Der Schaden ist irreparabel, Hill muss das Auto in der Box abstellen und ein nur kurz enttäuschter Schumacher feiert am Absperrgitter der Strecke seinen ersten von insgesamt sieben Weltmeister-Titeln.

Sebastian Vettel kracht in den Teamkollegen

26.10.1997, GP von Europa in Jerez: Michael Schumacher vs. Jacques Villeneuve

1997 ist die Ausgangssituation nahezu dieselbe wie 1994, diesmal heißt der Rivale von Ferrari-Pilot Schumacher aber Jacques Villeneuve (Williams-Renault). Wieder führt der Deutsche mit einem Punkt vor seinem Konkurrenten (78:77), wieder muss der dahinterliegende Williams-Pilot vorbei, um Weltmeister zu werden. 22 Runden vor Schluss attackiert Villeneuve und Schumacher reagiert wie 1994 gegen Hill. Er fliegt wieder raus und beendet das Rennen im Kiesbett, während Villeneuve weiterfahren kann.

Wie Hill 1994 trägt aber auch Villeneuve einen Schaden davon, die Batteriebefestigung ist beschädigt und hängt nur noch an den Kabeln. „Ich streichelte die Bremsen und fuhr ganz sanft. Zum Glück – denn sonst hätte ich die Ziellinie nicht gesehen“, sagt Villeneuve später, der als Dritter im Ziel ankommt und den Titel holt. Schumacher steht als großer Verlierer da, erst recht weil die Fia das Abschuss-Manöver mit dem Abzug aller Saisonpunkte sanktioniert.

30.05.2010, GP der Türkei in Istanbul: Sebastian Vettel vs. Mark Webber

Das siebte Saisonrennen 2010 ist eigentlich eine klare Angelegenheit für die Red-Bull-Piloten Mark Webber und Sebastian Vettel, die einem Doppelsieg entgegenfahren. Dann bricht Runde 40 an. Der Deutsche scheint in dieser schneller und setzt auf der Geraden zum Überholmanöver an. Als Vettel links vorbeizieht, bleibt Webber auf seiner Linie. Blöd nur, dass Vettel – um sein Manöver abzuschließen – leicht nach rechts lenkt.

Webber weicht nicht aus, es kracht. Vettel muss aufgeben, Webber kann trotz ramponiertem Frontflügel weiterfahren, büßt aber seine Spitzenposition ein. Während Vettel von der Piste rauscht, schickt er Webber noch eine abfällige Geste hinterher. „Wenn man die Bilder sieht, ist es eindeutig, dass Mark die Schuld hat. Ich hatte die Möglichkeit zum Überholen und war auf der inneren Seite“, sagt Vettel anschließend. Vom Red-Bull-Crash profitiert das siegreiche McLaren-Duo Lewis Hamilton und Jenson Button. Am Ende der Saison wird Vettel das Malheur kaum noch interessieren. Mit 23 Jahren holt er seinen ersten Weltmeistertitel. Das hat so jung noch keiner geschafft.

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