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Passt ganz hervorragend. Gladbachs Mike Hanke glänzt in seiner neuen Rolle. Foto: dpa

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Sport: Echter Neuner wird falscher Zehner

Gladbachs Hanke will gegen Schalke seine erstaunliche Entwicklung bestätigen.

Ob das Weihnachtsfest für Mike Hanke ein rundum gutes wird, entscheidet sich nicht erst unterm Baum, es entscheidet sich unter Umständen bereits heute Abend, wenn Borussia Mönchengladbach im Achtelfinale des DFB-Pokals auf Schalke 04 trifft (20.30 Uhr, live in der ARD). Auf jenen Klub, in dem Hanke groß geworden ist und dem ein Großteil seiner Verwandten seit Ewigkeiten anhängt. „Wenn wir gewinnen und ich Heiligabend mit einem Lächeln bei der Familie auftauche, dann ärgere ich mit Sicherheit ein paar Leute“, sagt Mike Hanke. Die Vorstellung scheint ihm zu gefallen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass Hanke dann auch noch den entscheidenden Treffer zum Weiterkommen erzielt hat, ist statistisch nicht besonders hoch. Wahrscheinlicher ist es, dass er den entscheidenden Treffer vorbereitet. Der 28-Jährige hat eine erstaunliche Wandlung hinter sich, vom Strafraumstürmer zum Kombinationsspieler. „Ich nehme jetzt eine Rolle ein, die ich früher nicht gespielt habe, die aber sehr gut zu mir passt“, sagt er. „Letztendlich tut es der Mannschaft gut. Und mir auch.“

Mike Hanke war früher ein Vollstrecker. Einer, der nicht mehr gelaufen ist als notwendig, der kaum nach hinten gearbeitet hat, dafür in den entscheidenden Momenten am rechten Fleck stand. Genau so einen Stürmer haben die Gladbacher vor einem Jahr gesucht, als sie in größter Abstiegsgefahr waren. Dass sich ihre Erwartungen nur bedingt erfüllt haben, scheint ihr großes Glück gewesen zu sein.

Ein Tor nur hat Hanke in der Rückrunde der vergangenen Saison erzielt. Und trotzdem einen wichtigen Beitrag zum Klassenerhalt geleistet. „Seine Wertigkeit hat sich ein bisschen verschoben“, sagt Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Er hat vielleicht nicht die Torquote, die wir erwartet hatten, aber er hat uns fußballerisch unglaublich weitergeholfen.“ Hanke hat als Stoßstürmer lange von der Vorarbeit seiner Kollegen profitiert. Inzwischen ist es genau umgekehrt.

Als Manager von Hannover 96 hat Christian Hochstätter 2007 vier Millionen Euro für Hanke investiert. Nun erkennt er den einstigen Strafraumstürmer kaum wieder. Mannschaftsdienlichkeit, Laufintensität, „das war so nicht zu erwarten“, sagt Hochstätter.

Hankes Entwicklung ist in der Tat bemerkenswert. Hans Meyer, Präsidiumsmitglied der Borussia, findet es erstaunlich, dass der Stürmer „mit seinen 28 Jahren auf einmal eine Rolle spielt, die ihm vorher offenbar kein Trainer zugetraut hat, er sich selbst wohl auch nicht“. Nachdem er vorige Saison beim 5:1 gegen Köln drei Tore vorbereitet hatte, hat Hanke gescherzt, dass er der neue Spielmacher sei; inzwischen sagt er: „Es ist schon sehr positiv, wie gut ich diese Rolle spiele.“

Trainer Lucien Favre hat eine Entwicklung vorangetrieben, die sich schon vergangene Saison angedeutet hatte. Ihm war aufgefallen, dass Hanke sich gerne zurückfallen lässt, um Bälle zu bekommen – vielleicht, weil er für das Spiel in der Spitze nicht dynamisch genug ist. Dafür läuft Hanke jetzt in manchen Spielen mehr als elf Kilometer. „Ich wusste schon, dass ich den Ball sehr gut halten kann und einen guten Pass habe“, sagt er. „Aber der Trainer hat das auch noch ein bisschen geformt.“

Im 4-4-2-System der Gladbacher bildet Hanke mit Marco Reus den Sturm, und während Reus inzwischen als falsche Neun, als Mittelstürmer aus der Tiefe, spielt, gibt Hanke, der früher eine echte Neun war, inzwischen einen verkappten Zehner. „Wir haben eine gute Mischung in der Offensive, seitdem wir mit Reus vorne spielen“, sagt Favre. „Herrmann und Reus bringen die Schnelligkeit mit, Arango und Hanke haben andere Fähigkeiten.“ Übersicht, Spielintelligenz und Passsicherheit. Vor allem zwischen Reus und Hanke läuft das Kombinationsspiel oft wie programmiert. „Mike ist meine Wand“, sagt Reus. „Der Ball kommt immer zurück.“

Bis Ende November hatte Hanke kein Tor erzielt, mehr als 1000 Minuten blieb er erfolglos. Und trotzdem fiel die mediale Erregung vergleichsweise harmlos aus. „Vielleicht hat der eine oder andere erkannt, dass ich auch ohne Tore wichtig sein kann“, sagt Hanke.

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