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Sport: Ein bisschen etabliert

Alba Berlin hat sich mit dem Einzug ins Uleb-Cup-Achtelfinale wieder Respekt in Europa verschafft

Ein Ordner versucht Konstantin Lwowsky aufzumuntern. „Komm schon“, sagt er zum Assistenztrainer von Alba Berlin, der in Jerusalems Malcha-Arena vor die Kabinentüre getreten ist, „so ist es doch am besten, beide Mannschaften sind weiter“. Lwowsky probiert ein Lächeln, doch es misslingt ihm. „Wir haben verloren“, antwortet er traurig, „vielleicht kann ich mich morgen freuen“.

Diese zwiespältige Stimmung hielt auch im Mannschaftsbus auf der Rückfahrt zum Hotel an. Keiner bei Alba Berlin wollte sich offen freuen. Dabei hat der Berliner Basketballklub zum ersten Mal seit sechs Jahren wieder das erste Saisonziel erreicht, was den meisten Spielern eine Sonderprämie beschert. „Das gibt es im Sport nur selten, dass man verliert und trotzdem gewinnt“, sagte Albas Geschäftsführer Marco Baldi. Sein Team steht nach dem 82:95 bei Hapoel Jerusalem als Tabellenvierter im Achtelfinale des Uleb-Cups, aber nur weil gleichzeitig Ostende beim zuvor bereits qualifizierten Tabellenführer Siena verloren hat. „Ich habe es dir doch gesagt, Henrik“, sagte Baldi im Bus zu Trainer Henrik Rödl, „auf die Italiener ist Verlass“. Baldi ist übrigens Halbitaliener.

Fragt sich, ob auf die Berliner Verlass ist. Sie hatten sich in Jerusalem aus eigener Kraft qualifizieren wollen, was ihnen trotz einer über weite Strecken guten Leistung vor 3800 enthusiastischen Zuschauern nicht gelungen ist. „Wir haben in der zweiten Halbzeit unser Spiel nicht mehr gefunden“, sagte Rödl, „aber Jerusalem hat auch sehr gut gespielt“. Der Uleb-Cup-Sieger von 2004 musste gewinnen, um weiterzukommen. Trotzdem lag Alba zwei Minuten vor Schluss nur mit vier Punkten zurück. „Wir können daraus lernen, wie man in dieser Atmosphäre eine kühlen Kopf bewahrt“, sagte Baldi, „das haben wir nicht immer geschafft“. So verabschiedete sich Koko Archibong im dritten Viertel frühzeitig mit seinem vierten und fünften Foul.

Die Auswärtserfahrung von Jerusalem kann Alba Berlin fürs Achtelfinale gut gebrauchen. Darin müssen die Berliner am 13. Februar erneut im entscheidenden Spiel auswärts antreten. Am 30. Januar werden sie Real Madrid, Lietuvos Rytas Vilnius oder FMP Zeleznik aus Belgrad in der Max-Schmeling-Halle empfangen (siehe Kasten). „Real Madrid ist zurzeit die beste Mannschaft in Europa“, sagte Baldi, „so einen Gegner hat man lieber in einer späteren Runde“. Immerhin könnte im Achtelfinale der lange verletzte Centerspieler Jovo Stanojevic wieder dabei sein. Baldi sagt: „Wenn er so weit ist, wird er spielen.“

Als Trainer Henrik Rödl nach dem Spiel mit einer Wollmütze in der Kälte vor der Halle stand, wählte er bereits bedeutende Worte. „Wir haben uns wieder ein bisschen etabliert in Europa“, sagte er, „mit uns ist wieder zu rechnen, darauf darf man stolz sein“. Ganz so hoch wollte Baldi das glückliche Weiterkommen nicht einordnen. „Wir sind in keiner neuen Dimension, aber wir haben uns dem, wo wir hinwollen, ein Stück angenähert.“ Eine neue Dimension wäre freilich erreicht, wenn das gelänge, was Chris Owens anstrebt. „Ich will den Uleb-Cup gewinnen“, sagte er. Davon ist Alba nach vier Siegen und sechs Niederlagen in der starken Gruppe C noch ein gutes Stück entfernt. Immerhin hat die Mannschaft bei den Siegen in Sofia und gegen Khimki hohes Niveau bewiesen. In Jerusalem überzeugten vor allem Johannes Herber (12 Punkte, 5 Rebounds), William Avery (17 Punkte) und Julius Jenkins (17 Punkte). „Wir haben ein Fundament geschaffen“, sagt Baldi, „es ist gut, dass wir im Achtelfinale zwei so wichtige Spiele so früh in der Saison haben werden, daran kann die Mannschaft weiter wachsen.“ Vor allem ist er froh, dass Alba Berlin endlich mal nicht frühzeitig gescheitert ist. Auf welche Weise das geschah, dürfte bald vergessen sein.

Die Spieler zogen sich im Hotel am späten Dienstag ins Untergeschoss zurück. Von dort klang laute Musik in die Lobby. Feierte Alba das Weiterkommen? Die Lieder tönten aus einem Festsaal, in dem rund 100 jüdische Israelis Erusin, eine Verlobung, feierten. Die Alba-Spieler saßen im Raum nebenan. Und schwiegen.

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