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Sport: Ein bisschen gnadenlos

Einst galt die Skiläuferin Monika Bergmann-Schmuderer als phlegmatisch – nun ist sie Deutschlands beste Slalomfahrerin

Sie musste jetzt einfach reden, das war sie den Leuten schuldig. Diese hatten doch die meiste Mühe gehabt, mussten bei Windstärken im Sturmbereich die Piste präparieren und den Wettkampf retten. Also schnappte sich Monika Bergmann-Schmuderer im Zielraum ein Mikrofon und bedankte sich vor den Zuschauern herzlich bei allen Helfern dieses Weltcup-Slaloms. Viele kannte sie persönlich. Monika Bergmann-Schmuderer hatte hier in Zwiesel mit dem Skifahren begonnen, sie wohnt jetzt in Lam, ein paar Kilometer weiter, dieses Rennen war ein Heimspiel für sie. Und es war eine herzergreifende Rede. So herzergreifend, dass Ralph Eder, der Pressesprecher des Deutschen Skiverbands als Zuhörer dachte, „dass die Leute gleich zu weinen beginnen“.

Natürlich trieb vor allem die pure Freude Monika Bergmann-Schmuderer zu dieser Ansprache. Sie hatte gerade den zweiten Platz belegt in Zwiesel, nur knapp besiegt von der Schwedin Anja Pärson. Platz zwei ist ihr bestes Resultat in dieser Saison. Vor allem aber steht sie jetzt in der Slalom-Weltcupwertung auf Platz vier, so gut war die 25-Jährige noch nie. Monika Bergmann-Schmuderer aus dem Bayerischen Wald ist derzeit die beste deutsche Slalomläuferin.

Man kann das als logische Erfolgsstory bezeichnen. Platz zwei war fällig nach den dritten Plätzen in Megeve und Lienz, Platz vier in Maribor und Platz fünf in Madonna. Aber man kann diesen zweiten Platz auch als vorläufigen Höhepunkt einer anderen Erfolgsstory beschreiben. Keiner kann jetzt noch sagen, dass Monika Bergmann-Schmuderer zu phlegmatisch sei und keinen Biss habe. Sie hat gerade vor den Augen ihrer Freunde und Bekannten das Gegenteil bewiesen. Es war nicht auszuschließen, dass sich in Zwiesel viele Leute noch gut an ihre größte Schlappe erinnern.

„Die Monika hat keine richtige Einstellung“, hatte 2001 der deutsche Cheftrainer Wolfgang Maier verkündet. Öffentlich. Damals hieß die Läuferin noch Monika Bergmann und durfte als Strafe für ihr Phlegma nicht zur Weltmeisterschaft. Das traf sie hart. Sie war schließlich Junioren-Weltmeisterin und Olympia-Achte von 1998. Sie war erst 22 Jahre alt, aber sie dachte ans Aufhören.

Doch Maier wollte sie damals nur provozieren. Entweder sie würde kämpfen oder aufgeben. Monika Bergmann kämpfte. Mit Slalom-Trainer Franz Gamper hatte sie einen einfühlsamen Trainer, und in der Saison 2002/2003 fuhr sie in Lienz auf Platz zwei. Die neue kämpferische Art ist ihr geblieben, Monika Bergmann-Schmuderer sagte in einem Interview, dass sie nun ein Gefühl der Gnadenlosigkeit entwickelt habe. Sie fährt inzwischen mit vollem Risiko, das Scheitern ist dabei nur Teil des Spiels.

Beim ersten Weltcup-Slalom dieser Saison in Park City zum Beispiel schied sie aus und rutschte erstmal in eine schlechtere Startgruppe. Es störte sie nicht weiter. Sie fuhr später trotzdem auf Spitzenplätze. Im zweiten Durchgang von Zwiesel beobachtete Eder, wie sehr dieser Kampfgeist wirkte. Die Piste war so schlecht, dass die 25-Jährige sich eine neue Linie suchen musste. Sie fand eine und fuhr trotzdem ungemein aggressiv. Für Eder auch ein Beweis dafür, „wie intelligent sie ist.“ Ab Herbst will sie Jura studieren, im Fernstudium. Aber sie gilt auch als schwierig, zumindest für Trainer. Die Slalom-Expertin, die beim Zoll angestellt ist, soll alles andere sein als eine Befehlsempfängerin.

Andererseits hat sie auch mal gesagt, dass nicht bloß ihr Kampfgeist zu ihren guten Platzierungen geführt habe. Genauso wichtig war mehr Ruhe in ihrem Umfeld durch ihre Hochzeit. Seit Mai 2003 ist Rainer Schmuderer ihr Ehemann. Der Gatte ist zugleich Sänger der Rockband „Doktor Noise“. Er hat zwar in Zwiesel nicht zu Ehren der Gattin gesungen, aber er hat, zusammen mit ihr, durchaus Einfluss genommen auf die Musikauswahl im Zielraum. Das erfuhr Eder vom Platzsprecher, und das zeigt sich sehr schnell: Statt Blasmusik dröhnten Rock- Rhythmen aus den Boxen.

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