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Sport: Ein Ende wird zum Anfang

Fünf Handball-Nationalspieler werden heute verabschiedet – und ihre Nachfolger bereits eingesetzt

Berlin - Eigentlich war gestern alles wie immer vor einem Handball-Länderspiel. Die Spieler reisten bis zum gemeinsamen Mittagessen an, am Nachmittag wurde Kaffee getrunken und ein Training stand ebenfalls noch auf dem Programm. Wäre da nicht der besondere Anlass gewesen, die Stunde des Abschieds aus dem Team von Heiner Brand für fünf Stars, alles hätte seinen normalen Verlauf genommen. Es wäre heute um 19.30 Uhr in der Kieler Ostseehalle allein die Revanche des EM-Finals zwischen Deutschland und Schweden gewesen. So aber, unter dem Eindruck des letzten Auftritts eines Quintetts der Weltklasse, war schon im Vorfeld vieles anders. „Ihnen zu Ehren wollen wir ein Riesenfest feiern“, kündigte der mit der Organisation beauftragte Uwe Schwenker an. Wer den Manager des THW Kiel zuletzt noch um Karten bat, dem konnte er schon seit Wochen nicht mehr helfen.

1259 Länderspiele haben Stefan Kretzschmar, Christian Schwarzer, Volker Zerbe, Klaus-Dieter Petersen und Mark Dragunski zusammen für Deutschland bestritten. Und die Charakteristik eines jeden von ihnen zeigt, welche Qualitäten Heiner Brand auf einmal nicht mehr zur Verfügung hat. Kretzschmar, der Mann mit dem Charisma, konnte auf der Außenposition und als Regisseur spielen; Schwarzer war am Kreis mit seiner Wucht kaum zu halten; Dragunski war auf dieser Position stets eine Alternative; Petersen brillierte bei der Organisation der Verteidigung; der lange Zerbe war mit Würfen aus der zweiten Reihe immer gefährlich. Nur noch in der Bundesliga werden sie auch weiterhin glänzen. „Natürlich ist das ein schwerer Verlust für uns“, sagt Bundestrainer Brand. „Dennoch, es gibt für uns keinen Grund, schwarz zu sehen.“

Deswegen ist das Abschiedsfest, in das die ehemaligen Kieler Spieler Magnus Wislander und Staffan Olsson einbezogen werden, auch ein aus sportlicher Sicht wichtiger Termin. „Es geht um Abschied und Neuaufbau“, sagt Ulrich Strombach, der Präsident des Deutschen Handball-Bundes (DHB). Schon heute in Kiel werden die Grundlagen für die Weltmeisterschaft 2007 in Deutschland und Olympia 2008 in Peking gelegt. „Jetzt müssen die Routiniers, die weitermachen, mehr Verantwortung übernehmen“, sagt Brand. „Und unsere jungen Talente müssen schnell den Anschluss zur Weltspitze schaffen.“ Der Magdeburger Yves Grafenhorst wird heute ebenso seine Chance bekommen wie Torhüter Carsten Lichtlein (Großwallstadt), Sebastian Preis (Kiel), Jens Tiedtke (Wallau-Massenheim) sowie Lars Kaufmann vom Zweitligateam Delitzsch. „Ich will ein Zeichen für die Zukunft setzen“, sagt Brand.

Längst ist der mit Silber belohnte Auftritt der Deutschen bei Olympia in Athen Geschichte. Die Bilder aber, sie bleiben. Als Stefan Kretzschmar nach dem verlorenen Endspiel gegen Kroatien noch minutenlang in der Mitte der Olympiahalle verharrte und tief enttäuscht die Atmosphäre aufsaugte, war ihm klar, dass die Chance auf den größten aller möglichen Erfolge für ihn nicht wiederkommen würde. Die Schweden hatten sich nicht einmal für Athen qualifizieren können. Auch diese Mannschaft wird in Kiel ein neues Gesicht haben. Der neue Nationaltrainer Ingemar Lindel baut zunächst auf eine Mannschaft mit elf Bundesligaspielern. Gold 2008 Peking, dieses Fernziel vereint Deutsche und Schweden beim Neuaufbau. Beim World Cup vom 15. bis zum 21. November beginnt der Ernst, dann ist es nicht mehr weit bis zur Weltmeisterschaft im Januar und Februar 2005 in Tunesien. „Wir werden uns vor allem auf die Abwehrarbeit konzentrieren“, sagt Bundestrainer Brand.

Und wenn es nicht klappt? Kehren die Alten dann noch einmal zurück? Ein Rücktritt vom Rücktritt wäre auch im Handball nichts Neues.

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