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Schales Ding. Der Schotte Andy Murray kommt dem Pokal nicht nah genug, der geht wieder an Roger Federer. Foto: Reuters

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Sport: Ein Erfolg für die Geschichte

Roger Federer lässt Andy Murray in vier Sätzen am Ende keine Chance und gewinnt zum siebten Mal den Titel in Wimbledon – der Schweizer stellt damit den Rekord von Pete Sampras ein.

Roger Federer übermannten die Tränen, nachdem Andy Murrays Vorhandball ins Aus gesegelt war. Er sank zu Boden und schlug die Hände vors Gesicht, blieb dort einen Moment liegen. Der Schweizer hatte am Sonntag mit seinem siebten Wimbledonsieg den Rekord von Pete Sampras egalisiert. Und das, nachdem Federer seit den Australian Open 2010 keine Grand-Slam-Trophäe mehr gewonnen hatte. Nun hat er mit der 17. seinen eigenen Rekord weiter ausgebaut. „Das ist ein magischer Moment für mich“, sagte Federer, „es fühlt sich so toll an. Der Grand Slam kommt zur rechten Zeit.“

Federer gewann 4:6, 7:5, 6:3 und 6:4. Nachdem Murray ihn im ersten Satz noch überraschen konnte, war der Triumph des Schweizers schließlich verdient. Und das hatte Spuren bei Murray hinterlassen. Dass er nach dem Spiel auf dem Centre Court noch ein paar Worte sagen sollte, war fast schlimmer, als die Niederlage an sich. Er nahm das Mikrofon in die Hand, doch die Gefühle übermannten ihn. Tosender Jubel brandete von den Rängen auf. Murray pustete ein paar Mal tief durch, dann sagte er mit tränenerstickter Stimme: „Seht ihr, ich komme doch schon näher ran.“ Wieder gab es tosenden Applaus. Murray hatte nach vier Halbfinalteilnahmen sein erstes Wimbledon-Finale gespielt, und das hatte seit 74 Jahren kein Brite mehr geschafft. Doch die große Sehnsucht einer ganzen Nation, und mehr wohl noch seine eigene, nach dem Grand-Slam-Sieg nach 76 Jahren konnte er nicht erfüllen. Denn Roger Federer hatte besonders in der Schlussphase der Partie so atemberaubendes Tennis gespielt, dass es Murray noch so sehr versuchen konnte, es reichte nicht. „Wisst ihr“, sprach Murray weiter, „mir wurde gesagt, das wäre leicht heute für mich, denn Roger sei ja schon 30 – aber das war nicht schlecht für einen 30-Jährigen...“

Zu Beginn hatte es noch nicht nach einen Sieger Federer ausgesehen und für anderthalb Sätze schienen sich die Hoffnungen der 15 000 Fans in der Arena, den Tausenden draußen auf dem Hügel vor der Videowand, die stundenlang im strömenden Londoner Regen ausgeharrt hatten, und den 20 Millionen Fernsehzuschauern auf der Insel, zu erfüllen.

Murray hatte furios begonnen, mutig besonders Federers Rückhand attackiert und seine Aufschlagquote immer weiter erhöht. Der immense Druck, der auf ihm lastete, war ihm nicht anzumerken. Beim Schweizer häuften sich dagegen die leichten Fehler, nach dem ersten Satz waren es schon 16. Auch sein erster Aufschlag kam zu selten, und so gewann Murray erstmals einen Satz in einem Grand-Slam-Finale. Bei seinen ersten drei Versuchen, war er daran gescheitert. Zweimal dabei auch gegen Federer (US Open 2008, Australian Open 2010). Doch an diesem Tag spielte Murray so gut und so selbstbewusst, wie in keinem seiner Endspiele zuvor. Ivan Lendl, der achtmalige Grand-Slam-Champion, mit dem Murray seit Saisonbeginn arbeitet, hatte seinen Spieler gut eingestellt. Doch zum Ende des zweiten Satzes fand Federer seine herausragende Form wieder. Ihm gelangen nun Passierschläge, die die Zuschauer zum Raunen brachten, und selbst von den hohen Gästen in der Royal Box euphorisch beklatscht wurden. Premierminister David Cameron ließ sich als bekennender Tennisfan dieses Match nicht entgehen, wie auch Kate, die Gattin von Prinz William und Fußball-Ikone David Beckham.

Die Briten lieben den ästhetischen, klassischen Stil Federers von jeher, und die offene, sympathische Art des Schweizers ohnehin. Es war das erste Mal, dass die Sympathien der Fans in Wimbledon mehr seinem Gegner galten, doch so sehr sie sich den Sieg für Murray wünschten, bejubelten sie Federer doch ebenso. Denn als nach einer 40-minütigen Regenpause das Dach über dem Centre Court geschlossen wurde, zeigte Federer einfach brillantes Tennis. Seit zwei Jahren hatte er kein Match mehr unter Hallenbedingungen verloren, auch jetzt ließ er Murray keine Chance mehr.

Die kritischen Stimmen sind nun verstummt, ab heute ist Federer zudem wieder die Nummer eins der Welt. Diese Position hat er seit Juni 2010 nicht mehr inne gehabt. Und es bedeutet, dass er in zwei Wochen den Rekord von Sampras' 286 Wochen an der Spitze brechen wird. „Das ist unglaublich, Pete war immer mein Held“, sagte Federer.

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