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Sport: Ein Faible für Durchgeknallte

Es ist doch beruhigend, dass Jürgen Röber ein Mensch ist, um den man sich keine allzu großen Sorgen machen muss. Der Bald-Ex-Trainer von Hertha BSC hat weiterhin Lust an seinem Job und besitzt auch noch den nötigen Ehrgeiz, um erfolgreich arbeiten zu können.

Es ist doch beruhigend, dass Jürgen Röber ein Mensch ist, um den man sich keine allzu großen Sorgen machen muss. Der Bald-Ex-Trainer von Hertha BSC hat weiterhin Lust an seinem Job und besitzt auch noch den nötigen Ehrgeiz, um erfolgreich arbeiten zu können. Hätte Röber sonst das Angebot ausgeschlagen, noch in der Winterpause als Trainer von Fenerbahce Istanbul in der Türkei anzufangen?

Das unterscheidet ihn von Werner Lorant, früher 1860 München, der nach drei Monaten Arbeitslosigkeit dem Werben aus Istanbul nicht mehr widerstehen konnte und jetzt sozusagen das Löwenstüberl gegen die türkische Teestube tauscht. Man kann Lorant viel Schlechtes nachsagen, seine Entscheidung für Fenerbahce aber beweist zumindest einen gesunden Realitätssinn: Lorant hat erkannt, dass er mit seinen Arbeitsmethoden aus dem fußballerischen Paläolithikum in seriösen Ligen wohl keine begründete Chance mehr auf eine Anstellung gehabt hätte. Und ist der Ruf erst ruiniert, bleibt nur noch die Türkei. (Oder Österreich.)

Dem türkischen Fußball wird ein gewisses Faible für Trainer aus Deutschland nachgesagt. Das ist nur die halbe Wahrheit. Korrekt ist, dass die türkische Liga auch abgehalfterten deutschen Trainern noch ein gutes Gehalt zahlt. Werner Lorant ist in diesem Sinne die logische Fortsetzung der Reihe: Jupp Derwall, Rainer Hollmann, Christoph Daum (2x), Jogi Löw, Jörg Berger und Hans-Peter Briegel. Wundert sich angesichts dieser Namen noch jemand, dass die Deutschen den türkischen Fußball nicht richtig ernst nehmen?

Die türkische Sportzeitung "Fanatik" hat ihre Leser jetzt darüber unterrichtet, dass Lorant "ein ganz und gar Durchgeknallter" sei. Das muss ihm bei seinem neuen Arbeitgeber nicht unbedingt schaden. Nonchalante Zurückhaltung zählt nicht zu den hervorstechendsten Merkmalen im türkischen Fußball. Das könnte auch Lorant ganz schnell merken. Schon eine einzige Niederlage wird von türkischen Fans als eine Serie lang anhaltenden Misserfolgs empfunden, und auf die barocke Gemütlichkeit, die seinem vormaligen Vorgesetzten Karl-Heinz Wildmoser selbst in Zeiten der Krise lange eigen war, sollte Lorant bei türkischen Vereinspräsidenten auch nicht bauen. Es wird sich erst noch erweisen müssen, wer wirklich durchgeknallt ist.

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