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Sport: Ein Fisch namens Lehmann

Wie Dortmund um den Nationaltorhüter buhlt

Wenn Michael Zorc über seinen Kurztrip nach London spricht, lächelt er. Er redet dann Blödsinn – und weiß das auch. „Ich war gar nicht in England“, sagt der Sportdirektor von Borussia Dortmund. „Ich war in Schottland, am Loch Ness, und habe Fische gefangen.“ Einer der dicksten Fische, die aus Zorcs Sicht zurzeit auf dem Profifußballermarkt angeboten werden, ist ohne Frage Jens Lehmann, 38 Jahre alt, deutscher Nationaltorhüter und Großverdiener vom Premier-League- Klub FC Arsenal. Allerdings ist bislang nicht bekannt, ob der Ex-Borusse, der 2002 mit dem BVB Deutscher Meister geworden war, Zorc am Donnerstag auch wirklich ins Netz gegangen ist.

Gemeinsam mit Dortmunds KGaA-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke („Kein BVB-Verantwortlicher wird sich zurzeit zum Thema Lehmann äußern. Das haben wir intern beschlossen.“) war Sportdirektor Zorc persönlich auf die Insel geflogen, um mit dem Torhüter vor Ort zu verhandeln. Zorc, der es zuvor als „logisch“ bezeichnet hatte, dass der Name Lehmann mit dem BVB in Verbindung gebracht wird, hatte dafür eigens seinen Skiurlaub in Österreich unterbrochen.

Jens Lehmann, der beim FC Arsenal 2,7 Millionen Euro netto plus Prämien verdienen soll, sportlich aber vom Spanier Manuel Almunia verdrängt worden ist, wird von der englischen Yellow Press seit Wochen verspottet. Sein Nummer- 1-Status zwischen den Pfosten der Nationalmannschaft steht rund sechs Monate vor Beginn der Europameisterschaft auf dem Spiel.

Ob Jens Lehmann deshalb in die alte Heimat zurückkehrt, ist ungewiss. Er hat sich Bedenkzeit erbeten. Er kann frei wählen. Neben dem BVB bemüht sich auch Bundesliga-Konkurrent VfL Wolfsburg mit dem VW-Konzern im Rücken nach wie vor um die Verpflichtung des Torhüters, hat aber dem Vernehmen nach zunächst eine Absage erhalten. Der VfL degradierte vor wenigen Wochen Stammkeeper Simon Jentzsch, Dortmund muss vermutlich mehr als vier Monate auf den an der Schulter operierten Roman Weidenfeller verzichten. Letzterer weilte gestern bei seinen Eltern im Westerwald und hatte von offizieller Seite noch nichts über das BVB-Interesse an Lehmann gehört. „Mir ist das auch egal. Ich muss jetzt erst mal zusehen, dass meine Schulter wieder funktioniert“, sagte Weidenfeller, der von 2002 bis 2003 hinter Lehmann die Nummer zwei beim BVB war und sich damals im Wochentakt hitzige Wortgefechte mit ihm geliefert hatte. Beide, so berichtet man in Dortmund noch heute, seien keine Freunde gewesen. Selbst um die Besitzverhältnisse einer Trainingshose habe es Streit gegeben. Erst nach Lehmanns Abschied nach England sei das Verhältnis entspannter geworden.

Ob die alte Konstellation im BVB-Tor bald auch die neue sein wird, wird zeitnah entschieden, heißt es aus Dortmunder Vereinskreisen. Lehmann, der deutliche Gehaltseinbußen zu verzeichnen hätte, wenn er Arsenal verließe, hat sich nach dem Treffen mit Watzke und Zorc Bedenkzeit erbeten. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass bis zum Samstagabend irgendetwas passieren wird“, sagt Zorc. Aber auf solche Aussagen sollte man bei der derzeitigen Lage in Dortmund nicht allzu viel geben.

Sascha Fligge[Dortm]

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