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Sport: Ein Herz fürs Graue

Rudi Völler wird die Mannschaft zunächst betreuen – mit Leverkusen verbindet ihn eine lange Beziehung

Boris Becker kommt aus Leimen, und das ist einer größeren Bevölkerungsschicht schon mal deshalb bekannt, weil in jedem zweiten Satz über Becker das Versatzstück vom „gebürtigen Leimener“ auftaucht. Rudi Völler kommt aus Hanau, aber wer weiß das schon? Völler ist der ewige Leverkusener.

Es gibt attraktivere Vereine als Bayer und hübschere Kommunen als Leverkusen, jene vor 75 Jahren entstandene Chemiestadt am Rhein, die nach dem Chemiker Carl Leverkus benannt wurde, weil sich gerade kein besserer Name fand. Doch Rudi Völler hat nie loslassen können von Bayer Leverkusen, seit seiner Rückkehr in die Bundesliga vor elf Jahren nicht. Zuvor hatte er standesgemäß in Rom und Marseille gelebt. „Leverkusen war damals eine graue Maus“, hat Völler dem Tagesspiegel einmal erzählt. „Bernd Schuster und ich sind ja vor allem zur Verbesserung des Images geholt worden, obwohl wir beide in den letzten Atemzügen unserer Karriere waren.“

Bis 1996 stürmte Völler für Bayer, und beinahe hätte er seine Karriere mit einer mittleren Katastrophe beendet. Hätte Markus Münch nicht kurz vor Schluss das 1:1 gegen Kaiserslautern geschossen, wäre Leverkusen abgestiegen. Völler wird heute noch sentimental, wenn er diese Geschichte erzählt, „stellen Sie sich das mal vor: 1990 Weltmeister und sechs Jahre später im letzten Spiel überhaupt abgestiegen mit einer Mannschaft, die in den Uefa-Cup wollte“. Völler hat dem Torschützen Münch auf ewig ein Wohnrecht im Bayer-Hotel hinter dem Fußball-Stadion versprochen.

Was immer Völler fortan unternahm, es zog ihn immer wieder zurück zu Bayer. Im Sommer 2000 übernahm er provisorisch die Betreuung der Nationalmannschaft, weil der als Bundestrainer ausgeguckte Christoph Daum noch bei Bayer unter Vertrag stand. Doch schon an dem Tag, als Daums positive Kokainprobe bekannt wurde, saß Völler als Aushilfstrainer auf der Leverkusener Bank. Sein Vertrag bei Bayer ruhte in den Jahren bei der Nationalmannschaft, und in Leverkusen waren sie schon ein wenig vergnatzt, als Völler nach der missratenen Europameisterschaft 2004 in Portugal dem Ruf von AS Rom folgte. Doch schon ein halbes Jahr später war er wieder zurück.

Gestern nun hat Völler zum Wohle Bayer Leverkusens zum dritten Mal eine Erkenntnis ignoriert, die er schon nach dem Ende seiner aktiven Laufbahn gewonnen hatte. Die Erkenntnis, dass er doch eigentlich nicht geschaffen ist für den Job des Trainers.

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