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Sport: Ein Hochbegabter lernt dazu

Bremens Arnautovic macht erste Forschritte

Thomas Schaaf, der Trainer von Werder Bremen, arbeitet sich in dieser Saison an einer besonderen Gattung (Problem-?)Profi ab: Marko Arnautovic. Am Kinn dieses großgewachsenen Österreichers prangt ein kleiner Flaum, und an den kräftigen Unterarmen erscheinen Tätowierungen – auf einer von ihnen steht eine Erinnerung an seinen serbischen Opa –, doch das ist nichts gegen den schlechten Ruf, der den 21-Jährigen begleitet. Er ist der am schlechtesten beleumundete Zugang der Fußball-Bundesliga. Diagnose: schwieriger Charakter, schlechtes Benehmen, provokantes Auftreten.

Insofern war es fast sensationell, dass dieser Arnautovic beim 4:2 (2:1) gegen den limitierten 1. FC Köln nicht nur ein Tor köpfte, eines fein vorbereite (das 3:1 von Hugo Almeida) und einen Treffer mit links erzielte, sondern auch nach hinten effektiv arbeitete. Bremens Vorstandschef Klaus Allofs quittierte den Auftritt mit süffisantem Grinsen: „Jetzt haben alle gesehen, was wir in der Vereinsführung in Marko Arnautovic sehen.“ 6,5 Millionen Euro sind an Twente Enschede gezahlt worden, um diesen Grenzgänger, den der Ex-Bremer Andreas Herzog als das größte Talent des österreichischen Fußballs der vergangenen drei Jahrzehnte betrachtet, zu holen.

Bei Werder ist zunächst die Geschichte vom geborgten und später gestohlenen Bentley seines Mailänder Kollegen Samuel Eto’o erzählt worden, weil in Bremen bis heute jeder Porschefahrer argwöhnisch beäugt wird, der auf dem Osterdeich zu viel Gas gibt. „Man hat ihm hier sofort ein Image angeklebt“, sagte Schaaf. „An der einen oder anderen Story war Marko ja nicht schuldlos, aber man hat vergessen, dass es ein junger Mann ist, der viel mitgemacht hat – im positiven wie im negativen.“ Den Tiefpunkt hatte er gerade erst als Leihgabe beim Champions-League-Sieger Inter Mailand erlebt, wo ihn ein gewisser José Mourinho links liegen ließ und verspottete. Der junge Österreicher sei im Grunde genommen noch ein Kind, sagte der Trainer von Inter. „Aber brauchen Halbwüchsige nicht manchmal eine starke Hand?“, fragte nun Schaaf.

Schaaf hat den Neuen im Trainingslager vor aller Augen Strafrunden laufen lassen; Kapitän Torsten Frings durfte ihm öffentlich Arroganz vorwerfen. Maßnahmen, die Wirkung zeigten. „In erster Linie ist Marko ein hervorragender Fußballer“, sagte Schaaf, „der für die ganz besonderen Dinge stehen kann.“ Nun berichtete der Wiener Arnautovic fast demütig von „vielen Einzelgesprächen“ mit Schaaf; er wisse jetzt, „was ich machen soll und was ich nicht machen soll“. Nur bitteschön solle man ihn nicht in eine Schublade pressen, in die er nicht passe: „Ich bin jung, ich habe manchmal Aussetzer, aber sonst ist alles okay. Wer mich kennt, weiß, dass ich nett bin.“

Allofs bestätigte inzwischen, dass sich der Neue einiges habe anhören müssen. Der Erziehungsprozess sei aber in vollem Gange und könne Monate dauern. Aber je schneller der vor kurzem zur österreichischen U-21-Auswahl berufene Arnautovic seine Lektionen lernt, umso schneller freut man sich bei seinem Verein. Trainer Schaaf zumindest verspricht: „Was Marko gezeigt hat, das war erst der Anfang.“

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