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Sport: Ein Knorpel für Hamburg

Michael Stich gibt alles für die Rettung des Tennisturniers am Rothenbaum

Das Laufen fällt Michael Stich in diesen Tagen schwer, das Sitzen eigentlich auch. Sein rechtes Knie ist dick angeschwollen, es ist ein Knorpelschaden, der in Kürze gar operiert werden muss. Der Wimbledonsieger von 1991 hatte sich die Verletzung am letzten Sonntagabend zugezogen, als der 42-Jährige im Vorfeld der German Open in Hamburg selbst noch einmal zum Schläger griff und gegen den neun Jahre älteren achtmaligen Grand-Slam-Champion Ivan Lendl antrat. Den Sieg bezahlte Stich mit Schmerzen. „Alles für den Rothenbaum“, scherzte er zwar hinterher, doch als Turnierdirektor und Veranstalter in Personalunion kämpft er tatsächlich mit vollem Einsatz für den Erhalt des gebeutelten Traditionsturniers: „Ich will weiter Menschen für das Turnier begeistern und es für Hamburg erhalten.“

Um diese Aufgabe ist Stich nicht zu beneiden, vor allem der Kampf mit den Altlasten am Hamburger Rothenbaum ist auch in seinem dritten Jahr als Verantwortlicher nicht leichter geworden. Seit 2009 dem Turnier der Masters-Status aberkannt wurde, sind die Stars der Branche wie Roger Federer und Rafael Nadal nicht mehr zum Antritt verpflichtet und meiden die von Mai in den Juli verlegte Sandplatzveranstaltung, die so kurz vor Beginn der Hartplatzsaison nicht mehr in ihre Planung passt. Mit den großen Namen verabschiedeten sich auch die potenten Sponsoren und viele Zuschauer.

Eine schwarze Null zu schreiben, ist auch dieses Jahr das angestrebte Ziel, bei dem Stich aber mehr oder weniger auf sich gestellt ist. Denn die Finanzreserven des Deutschen Tennisbundes sind längst aufgebraucht, der Prozess um den Masters-Status soll den Verband drei Millionen Euro gekostet haben. Auch der Senat lässt Stichs Agentur HSE als Veranstalter hängen, schon im letzten Jahr strich man die Unterstützung von 200 000 Euro, obwohl alle anderen Sportgroßveranstaltungen der Hamburger Region weiterhin von der Stadt mitfinanziert werden.

Wenigstens in puncto Titelsponsor kann Stich momentan ein Schlupfloch in der Hamburger Gesetzgebung nutzen, so dass der Wettanbieter, mit dem bisher nicht geworben werden durfte, dieses Mal zumindest geduldet werden muss. „Wir brauchen aber mindestens zwei weitere Premium-Sponsoren“, erklärte Stich, und um sowohl Geldgeber als auch Zuschauer wieder zum Rothenbaum zu locken, setzt er konsequent seine Ideen um. Es war ein Wagnis, den Zuschauern kostenlosen Zutritt zur Anlage und den Nebenplätzen zu gewähren, doch es lohnte sich.

Auch wenn das Schnupper-Angebot von rund 7000 Zuschauern beachtlich angenommen wurde, bleibt der Ticketverkauf ein wichtiger Faktor. Und da ist die Resonanz mit durchschnittlich 3000 zahlenden Gästen mäßig. Doch selbst zu Zeiten von Federer und Nadal war der Center Court nie ausverkauft gewesen, mit 13 500 Plätzen stammt das Stadion aus Zeiten, als man glaubte, der Tennis-Boom würde ewig andauern. Dass Stich nun die Hälfte der Ränge abhängen ließ, wirkte sich positiv auf die Atmosphäre aus.

Im Vergleich zu den vier weiteren deutschen Turnieren steht Hamburg noch passabel da. Dass das deutsche Männertennis ein Schattendasein gegenüber den Frauen führt, macht es Stich nicht leichter. In Florian Mayer ist der letzte DTB-Profi im Viertelfinale ausgeschieden. Von manchen, wie Philipp Petzschner, der sich einen unrühmlichen Auftritt leistete, zeigte sich Stich enttäuscht. Er muss weiter damit leben, dass er seit 1993 der letzte Rothenbaumsieger gewesen ist.

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