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Sport: Ein Kumpel von Welt

Mit Franz Beckenbauer wird heute die Lichtgestalt des deutschen Fußballs 60 Jahre alt / Eine Würdigung von Uli Stein

Franz Beckenbauer wird 60 Jahre alt – das ist kaum zu glauben. Ich halte ihn für den größten Fußballer, den wir in Deutschland je hatten. Seine Leichtigkeit, wie er fast geschwebt ist über den Platz, und dann diese Technik, die er hatte. Damit gehörte er zu den Besten in der Welt.

Ich habe Anfang der Achtzigerjahre beim Hamburger SV selbst noch mit ihm zusammen gespielt, zwei Jahre lang. An Schwächen kann ich mich bei ihm gar nicht erinnern. Sicher, beim HSV hatte er vom Läuferischen her den Anforderungen nicht ganz genügt. Aber das hat unser damaliger Trainer Ernst Happel geschickt hinbekommen, indem er den Franz einfach von der Liberoposition weggenommen hat und ihn Libero vor der Abwehr spielen ließ. Da waren die Wege nicht mehr ganz so weit.

Wenn ich mich recht erinnere, hat der Franz mir beim HSV auch das eine oder andere Eigentor reingetan – das letzte, glaube ich, sogar in seinem Abschiedsspiel. Mehr als über andere Gegentore habe ich mich aber darüber nicht geärgert. Tor ist nun mal Tor, da ist es mir als Torwart doch egal, wer es schießt.

Erfreulich war, dass es in Hamburg nie eine Distanz gab zwischen Franz und der Mannschaft. Obwohl er der Superstar war, hat er nie Starallüren gehabt. Nach seiner Zeit bei uns ist der Kontakt etwas im Sande verlaufen. Wir haben uns zwei-, dreimal im Jahr gesehen, das war’s dann. Als Teamchef hat er mich später in die Nationalmannschaft geholt. Er war dort mehr der väterliche Typ, der Kumpel. Von der WM 1986 in Mexiko musste ich dann ja vorzeitig abreisen. Aber nicht Franz Beckenbauer hat mich nach Hause geschickt, wie viele Legenden sagen, sondern der DFB-Präsident Hermann Neuberger. Und dass ich den Franz als „Suppenkasper“ bezeichnet haben soll, ist irgendwie falsch rübergekommen.

Das Wort fiel doch lediglich als Scherz beim Mittagessen, das ist aus einem Flachs unter uns Spielern heraus entstanden. Es wurde dann aufgeschnappt und weitergetragen. Franz selbst ist damit ganz locker umgegangen. Er ist sogar danach noch auf mein Zimmer gekommen und hat mir erklärt, er hätte kein Problem damit. Dass ich abreisen musste, geschah allein auf Neubergers Initiative. Franz wollte mich ja auch 1990 überreden, zurückzukommen zur Nationalelf. Neuberger war aber dagegen. Zwischen Franz und mir gibt es keinen Streit. Wir haben zuletzt sogar zweimal zusammen beim gleichen Turnier Golf gespielt. Allerdings: Mit seinem Handicap ist er mir noch weit voraus.

Mittlerweile amüsiert es mich etwas, dass sich Franz einen Status erarbeitet hat, wie ihn sonst nur der Bundeskanzler hat. Aber die großflächige Präsenz in den Medien, ja in der ganzen Welt, daran ist nicht er schuld, sondern das liegt an den vielen Dingen, die er für den Fußball tut. Er ist nun mal eine Lichtgestalt des Fußballs – und das völlig zu Recht. Die Karriere, die er gemacht hat, wäre allerdings nichts für mich. Wir sind grundverschieden. Ich sage mir da immer: Die beste Kopie taugt nichts.

Meine Wünsche für Franz zum 60. sind ganz einfach: Ich wünsche ihm viel Geschick für seinen stressigen Job. Und ich wünsche ihm, dass er nach der WM 2006 mehr Zeit für das Golfspielen findet, um dort so viel Ballgefühl zu entwickeln wie er es beim Fußball hatte.

Aufgezeichnet von Karsten Doneck. Mehr zu Beckenbauers 60. Geburtstag lesen Sie im „Sonntag“.

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