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Xaver Unsinn. Foto: dpa

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Sport: Ein Mann, ein Hut und viele Ideen

Der Eishockey-Trainer Xaver Unsinn ist tot.

Es gibt nur wenige Gesichter im deutschen Eishockey. Xaver Unsinn war eines davon. Und noch mehr. Er hat eine oft gesichtslose Sportart in der Öffentlichkeit repräsentiert und ihr auch noch einen Hut aufgesetzt. Den Pepita-Hut. Seine Kopfbedeckung war beinahe genauso prominent wie der gebürtige Allgäuer selbst. Frage beim Brettspiel „Trivial Pursuit“: „Wer ist der Mann mit dem Pepita-Hut?“ Es gibt Antworten, für die man länger überlegen muss.

Aber Xaver Unsinn hatte mehr zu bieten als einen Hut. 1929 wurde er in Füssen geboren. Dort, wo Eishockey damals noch weit größer war als heute. Der EV Füssen dominierte die Szene von den Vierziger- bis in die Siebzigerjahre hinein. Unsinn war daran beteiligt, denn vor dem Trainer hatte es schon den Eishockeyspieler Unsinn gegeben. Der wurde 1953 als Angreifer der Nationalmannschaft Zweiter bei der Weltmeisterschaft in der Schweiz.

Xaver Unsinn wurde eine Persönlichkeit im deutschen Sport. Er gewann als Spieler und Trainer elf deutsche Meisterschaften, nahm an insgesamt zwölf Weltmeisterschaften und sechs Olympischen Spielen teil. „Mister Eishockei“ wurde Unsinn erst als Trainer. „Eishockei“ – so nannte er seine Sportart mit Allgäuer Zungenschlag. Eishockey und Unsinn, das war in der öffentlichen Wahrnehmung ein Paar. Der kleine, quirlige Mann war ein blendender Verkäufer seiner Sportart. Als Eishockey in den Siebziger- und Achtzigerjahren noch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen stattfand, trug Unsinn dazu bei, seinen Sport in Deutschland populär zu machen. Als Meistertrainer beim Berliner Schlittschuh-Club 1974 und 1976, und vor allem mit dem – glücklichen – Bronzemedaillengewinn als Trainer des Nationalteams bei den Olympischen Spielen von Innsbruck 1976.

Lorenz Funk, damals Nationalspieler, erinnert sich: „Der Xaver hat es verstanden, die Mannschaft zusammenzuhalten und den Teamgeist zu fördern wie kein anderer.“ Dabei war das deutsche Team zu Unsinns Zeiten oft weniger konkurrenzfähig als heute. Bittere Niederlagen gegen die übermächtigen Russen waren Normalität. Trotzdem saßen die Menschen vor dem Fernseher. Und der „Xare“ verkaufte auch ein 0:10 gegen die Sowjetunion gut. Ihn kannten alle, auch der russische Supertrainer Viktor Tichonow. Von ihm sprach Unsinn immer als „mein Freund Viktor“.

Die Sache mit dem Viktor war genauso ein Markenzeichen von Unsinn wie der Hut oder das „Eishockei“. Ein ehemaliger Spieler von ihm sagt, Unsinn sei mehr Marketingmensch als Trainer gewesen. Auf jeden Fall gelang es ihm, mit seiner offenen, hemdsärmeligen und schlagfertigen Art, andere mitzureißen und seiner Sportart durch seine impulsiven Auftritte ein großes Forum zu verschaffen. Der Füssener polarisierte gerne und häufig. Zu sagen hatte der streitbare Eishockeytrainer jedenfalls immer etwas. Insgesamt elf Jahre war er verantwortlicher Bundestrainer, von 1975 bis 1977 und von 1981 bis 1990 erneut. 1998 wurde er in die „Hall of Fame“ des Internationalen Eishockeyweltverbandes in Toronto aufgenommen. Dort liegt auch sein berühmtes Markenzeichen in einer Vitrine – der Pepita-Hut.

Bevor Unsinn eine Laufbahn im Eishockey einschlug, spielte er Tennis und Fußball, versuchte sich sogar als Skispringer. Unsinn war bestens vernetzt im Sport. Er kannte sie alle, und sie kannten ihn alle im Lande. Beim kommenden Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Wolfgang Niersbach, war Unsinn Trauzeuge.

Am Mittwoch ist Xaver Unsinn im Alter von 82 Jahren in seinem Heimatort Füssen gestorben. Claus Vetter

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