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Sport: Ein Mann für gewisse Spiele

Andreas Neuendorf ist für Hertha BSC auch in der Nebenrolle wichtig

Berlin - Der Ebay-Artikel mit der Nummer 517 293 9114 ist auf dem besten Weg, zum Kultgegenstand zu werden. Am Dienstagmittag wurde die Versteigerung mit dem Startpreis von einem Euro eröffnet, nur 24 Stunden später hatten sich fast hundert Bieter bereits auf mehr als 1000 Euro hochgesteigert. Es geht laut Artikelbeschreibung um „Zeckes zerrissenes Trikot aus dem Lautern-Spiel“, der Erlös der Auktion wird für die Opfer der Flutkatastrophe in Südostasien gespendet. Andreas Neuendorf, Künstlername Zecke, hat das Trikot am vergangen Sonntag getragen. Es war Mitte der zweiten Halbzeit, als der Linienrichter ein reguläres Tor für Hertha im Spiel gegen Kaiserslautern nicht anerkannte. Neuendorf reklamierte, sah die Gelbe Karte und riss sich dann vor Wut einen V-Ausschnitt ins Hemd. „Zecke ist ja bekannt für extravagante Kleidung“, sagt Falko Götz, der Trainer des Fußball-Bundesligisten.

Vom ästhetischen Aspekt einmal abgesehen ist der kalkulierte Ausbruch des Andreas Neuendorf für Götz „eine ganz, ganz wichtige Geschichte“ gewesen. „Andere Mannschaften drehen in solchen Situationen durch und hacken auf alles ein“, sagt der Trainer. Hertha aber richtete die Aggressionen in geregelte Bahnen und schaffte am Ende gegen Kaiserslautern zumindest noch den Ausgleich zum 1:1.

Mit seiner extrovertierten Art balanciert Andreas Neuendorf regelmäßig am Rande des Platzverweises. „Ich wusste, dass ich eine Gelbe Karte in Kauf nehme“, sagt er über seine Aktion vom Sonntag. Doch er wütet sozusagen stellvertretend für die Mannschaft, und in gewissem Rahmen wird das bei Hertha akzeptiert. Gerade drei Wochen ist es her, dass Neuendorf im Spiel gegen den 1. FC Nürnberg die Gelb- Rote Karte sah. Die ganze Zeit über hatte er mit dem Schiedsrichter diskutiert, bis der ein eher harmloses Vergehen Neuendorfs dazu nutzte, sich des Quälgeistes endgültig zu entledigen. „Zecke hat fast um den Platzverweis gebettelt“, sagte Falko Götz anschließend. Andererseits wertete er Neuendorfs Eifer als Zeichen dafür, „dass er einfach nur das Spiel gewinnen wollte“.

Das ist einer der Gründe, warum der Mittelfeldspieler bei Hertha so geschätzt wird, warum ihm manches leichter verziehen wird als anderen und warum ihn die Berliner Fans lieben wie keinen zweiten Spieler. „Bei ihm passiert immer was“, sagt Götz. „Wir hoffen, dass es was Positives ist.“ Weil das jedoch niemand garantieren kann, ist Andreas Neuendorf bei Hertha nur der Mann für gewisse Spiele. Er ist sozusagen der zwölfte Mann und damit für den Trainer bei einer Einwechslung meistens die erste Option. „Das hört sich alles schön und gut an“, sagt Neuendorf. „Aber ich kann mit dieser Rolle wenig anfangen. Ich glaube, dass ich mehr Einsätze verdiene.“

Einen Stammplatz nämlich hat Neuendorf auch mit inzwischen 30 Jahren noch nicht. In den bisherigen 24 Saisonspielen ist er zwar auf immerhin 15 Einsätze gekommen; lediglich viermal aber hat er von Anfang an gespielt und davon wiederum nur zweimal über die volle Distanz von 90 Minuten. In der vorigen Saison hatte er die Chance zu zeigen, dass er mehr verdient, als nur eine Art Edel-Ergänzungsspieler zu sein. Als Marcelinho mit einem Mittelfußbruch mehrere Monate verletzt ausfiel, sollte Neuendorf dessen vakante Rolle im kreativen Mittelfeld übernehmen; doch seinen Darbietungen fehlte wie so oft die nötige Konstanz.

In diesem Jahr ist es noch schwieriger für ihn, in die Mannschaft zu kommen. Mit Gilberto und Yildiray Bastürk hat Herthas Mittelfeld zusätzliche kreative Energie gewonnen. Trotzdem spielt Neuendorf mehr oder weniger regelmäßig. Auch am Samstag in Leverkusen wird er wohl wieder in der Anfangself stehen. Bastürk ist nach seiner Roten Karte noch gesperrt. In der Woche darauf darf er wieder spielen. Keine guten Aussichten für Andreas Neuendorf.

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