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Sport: Ein Mann gegen das Konfuse

Ein 37-Jähriger soll den Volleyballern des SCC in schwierigen Situationen auf die Sprünge helfen

Von Frank Bachner

Berlin. Weshalb verpflichtet ein deutscher Vizemeister einen 37-Jährigen als Spieler, obwohl der seit einem Jahr nur wie ein Hobbysportler joggt? Einer, der in jenem Jahr nicht Spieler, sondern Trainer war? Einen, der gegen leichtes Übergewicht anzukämpfen hatte? Warum macht das ein Verein, der in dieser Saison Deutscher Meister werden will? Anders gefragt: Weshalb verpflichtet Volleyball-Bundesligist SC Charlottenburg den 37-jährigen Slowenen Andrei Urnaut? „Er kann der Mannschaft Ruhe vermitteln, wenn es Konfusion auf dem Feld gibt“, sagt SCC-Manager Kaweh Niroomand.

Beim SCC tragen sie ein kleines Trauma mit sich herum. Der SCC hatte in der vergangenen Saison um Haaresbreite den Meistertitel verpasst. Genau genommen um zwei Zentimeter. Um diese zweite Zentimeter schlug der SCC den Ball ins Aus, damals, im zweiten Finalspiel gegen Friedrichshafen. Es stand 14:12 im fünften Satz für den SCC, ein Punkt noch, und der SCC hätte das Spiel gewonnen. Er hatte auch die erste Finalpartie gewonnen. Und nach einer 2:0-Führung hätten die Berliner auch das dritte Spiel gewonnen, da sind sich viele Experten einig. Das hätte den Titel bedeutet. Aber so gewann letztlich der VfB Friedrichshafen die Meisterschale.

Nun brauchen sie beim SCC einen wie Urnaut. „Der war jahrelang in der italienischen Liga einer der besten Spieler“, sagt der SCC-Manager. „Und wir wollen ihn auch nicht als Stammspieler, sondern als einen, der eingreift, wenn es eng wird.“ Heute beginnt für den SCC die neue Saison, gleich mit einem Heimspiel (15 Uhr, Sporthalle Sömmeringstraße), und weil die Berliner gegen VV Leipzig spielen, wäre die Partie eigentlich ein idealer Einstieg für den Slowenen. Denn in Leipzig ging der SCC in der vergangenen Saison im Pokal 0:3 unter, und dort fehlte bei den Charlottenburgern jegliche Ordnung.

Andererseits wird sich dies am Sonntag kaum wiederholen. Erstens sind die Leipziger nun wirklich nicht stark, zweitens hat der SCC gelernt und drittens steht ja jetzt auch noch Eugen Bakumowski für den SCC auf dem Feld. Bakumowski ist der zweite Zugang des SCC, er soll Stammspieler werden. Denn der 21-Jährige soll die Schwäche auf der Außenannahme beheben, die zuletzt beim SCC aufgetreten ist. Bakumowski ersetzt Gabriel Krüger, der den SCC nach vier Jahren verlassen hat und jetzt für Bayer Wuppertal spielt. Krüger ist der einzige schwerwiegende Abgang. „Von den elf Spielern der vorigen Saison haben wir acht gehalten“, sagt Niroomand. Vor allem hat er Marco Liefke gehalten, den größten Aktivposten der Berliner. „So einen Mann gibt es in Deutschland nicht noch einmal“, sagt Niroomand über den Diagonalangreifer. Liefke dürfte auch der teuerste deutsche Spieler in der Bundesliga sein. „Es ist nie einfach, einen Spitzenspieler zu halten“, sagt Niroomand. Ob er an die finanzielle Schmerzgrenze gegangen ist, bleibt unklar, der Etat jedenfalls ist ungefähr so hoch wie jener der Saison 2001/2002. Etwas über 500 000 Euro.

Trainer Mirko Culic soll die Mannschaft nun zum deutschen Meistertitel führen. Oder wenigstens zum Pokalsieg. Aber der VfB Friedrichshafen ist nach wie vor der Topfavorit. Deswegen braucht man beim SCC einen wie Urnaut. Der ist inzwischen auch schon nahe an seinem Idealgewicht.

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