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Sport: Ein Nationalheld tritt ab

25 Medaillen hat der walisische Hürdensprinter Colin Jackson in seiner Karriere geholt

Von Jörg Wenig

München. Mit einer riesigen walisischen Fahne waren seine Fans ins Stadion gekommen. Colin Jackson, seit Jahren erfolgreichster Sportler des kleinen Landes und als Nationalheld verehrt, enttäuschte sie nicht. In seiner letzten großen Freiluft-Meisterschaft gewann der 35-Jährige aus Cardiff die Goldmedaille im 110-m-Hürdensprint in nur 13,11 Sekunden – und hatte sich damit standesgemäß verabschiedet: Denn bei zukünftigen Europameisterschaften wird Colin Jackson ein Maßstab bleiben. Viermal in Folge ist er Hürdensprint-Europameister geworden, seit 1990 hatte er sich die Goldmedaille immer wieder geholt.

Vier Titel nacheinander – das ist in der Geschichte der Europameisterschaften seit ihrer Premiere 1934 zuvor nur vier anderen Athleten gelungen: Der russische Speerwerfer Janis Lusis hatte zwischen 1962 und 1971 gesiegt, die russische Kugelstoßerin Nadeschda Schizowa zwischen 1966 und 1974, die Weitspringerin Heike Drechsler von 1986 bis 1998, und der britische Speerwerfer Steve Backley hat dieses Kunststück ebenfalls geschafft. Er hatte wie Jackson 1990 in Split zum ersten Mal gewonnen.

„Es war wichtig für mich, noch einmal beweisen zu können, dass ich der beste Europäer bin“, sagte Colin Jackson nach seinem Lauf. 25 Medaillen hat er in seiner internationalen Karriere gewonnen. Seit seinem Sieglauf in 12,91 Sekunden bei der WM 1993 in Stuttgart hält er den Weltrekord. Nur bei Olympischen Spielen hat er nie ganz oben gestanden. Viermal hatte er seit 1988 teilgenommen. Ausbeute: eine Silbermedaille.

„Olympia, das war nie mein Wettbewerb“, erzählt Colin Jackson. Sein wichtigster? Das war sein erster: 1986 wurde er Junioren-Weltmeister. „Ich bin damals als Favorit nach Athen gefahren, es war wichtig, gleich bei der ersten großen Meisterschaft dem Druck standzuhalten. Wenn ich das nicht geschafft hätte, hätte ich später Probleme bekommen“, erklärt Colin Jackson.

Als bester Europäer habe er 16 Jahre lang gegen die stärksten Amerikaner gekämpft - „doch diese Rolle müssen nun die anderen übernehmen“. Die sind davon überraschenderweise jedoch gar nicht begeistert. Silbermedaillengewinner Stanislaw Olijars aus Lettland meinte: „Für mich wäre es besser, wenn Colin nicht Schluss macht. Denn wenn er aufhört, geht ein Maßstab verloren – ich hoffe, er bleibt.“ Und auch der in München Drittplatzierte, Artur Kohutek, ist nicht froh, dass der stärkste Konkurrent nun abtritt. Der Pole flehte regelrecht: „Bitte bleib, Colin, und renne schnell." Doch für Colin Jackson gibt es kein Zurück mehr. Die Hallen-Weltmeisterschaften in Birmingham im März sollen der Abschluss seiner Karriere sein.

Abschied ausgerechnet bei einem Hallen-Wettkampf – warum das? „60 Meter Hürden sind kurz“, antwortet Jackson scherzend und erklärt dann: „Es ist ein Abschied auf heimischem Boden, von Wales fahre ich mit dem Auto nur knapp zwei Stunden nach Birmingham. Außerdem bin ich dann 36, das ist der richtige Zeitpunkt."

Colin Jackson hat seinen Schlusspunkt also gefunden. Ein großer Konkurrent ist sich seines Abschieds indes nicht mehr so sicher. Eigentlich hatte der Wettbewerb in München auch für Florian Schwarthoff vom OSC Berlin der letzte sein sollen. Doch nach seinem starken vierten Platz meinte er: „Fragen Sie mich im Herbst nochmal."

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