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Sport: Ein Rennen gegen die Macht

Formel-1-Pilot Nick Heidfeld kämpft um einen Platz bei Williams – sein härtester Gegner ist ein Ölkonzern

Normalerweise ist schnelles Autofahren der größte Vorzug eines Formel-1-Piloten. In diesem Sinne war bei Nick Heidfeld gestern alles in Ordnung. Der Mönchengladbacher überzeugte bei Testfahrten in Jerez (Spanien), bei denen er sich ein Cockpit im Rennstall BMW-Williams für die kommende Saison erkämpfen will. Nachdem Heidfeld am Mittwoch seine ersten rund 100 Runden im FW26 absolviert hatte, gab es am Donnerstag ein regelrechtes Ausscheidungsfahren mit Antinio Pizzonia aus Brasilien unter gleichen Bedingungen. In 1:22,430 Minuten war der Gladbacher dabei fast eine Sekunde schneller als Pizzonia (1:23,382), fuhr allerdings mit 96 Runden genau doppelt so viele wie der Brasilianer (48).

„Nick ist jung, schnell, erfahren und ein sehr guter Entwickler. Er gibt den Mechanikern ein gutes Feedback“, sagte BMW-Motorsportdirektor Mario Theissen, der noch einmal betonte, dass zwischen den beiden Fahrern „absolute Chancengleichheit“ geherrscht habe. Auch Williams-Technikchef Sam Michael lobte den Mönchengladbacher für seine präzise Arbeitsweise. „Das ist genauso wichtig wie die Schnelligkeit“, betonte Theissen. Nun soll Heidfeld in der nächsten Woche noch einmal in Jerez auf die Strecke gehen. „Das ist mit Abstand das beste Auto, das ich je gefahren bin“, sagte er.

Die Frage ist, ob Lob von allen Seiten für den 27-Jährigen genügt, um Pizzonia im Kampf um das Cockpit zu verdrängen. Der ist Brasilianer, das ist insofern von Bedeutung, als dass der brasilianische Ölkonzern Petrobras offenbar versprochen hat, sein Sponsoren-Engagement bei Williams von bisher etwa acht Millionen Dollar zu verdoppeln, sollte Pizzonia den Platz bekommen. Das Geld hatte dem Brasilianer von vornherein eine bessere Ausgangsposition verschafft.

Allerdings halten die meisten Fachleute Heidfeld für geeigneter als den bisherigen Williams-Testpiloten, dessen Fähigkeiten in Bezug auf die Weiterentwicklung eines Autos zumindest umstritten sind. Bei Peter Sauber zum Beispiel, Heidfelds früherem Arbeitgeber. Er hat lange versucht, Teamchef Frank Williams von Heidfelds Qualitäten zu überzeugen – vergeblich: „Ich bin überzeugt, dass Nick für das Team die deutlich bessere Lösung wäre. Aber die haben dort eben eine ganz eigene Denkweise.“ Sauber spielt auf die Praxis von Williams an, keine Piloten zu verpflichten, deren Vertrag von einem anderen Team nicht mehr verlängert wurde.

Dabei würde wohl auch Williams’ Motorenpartner BMW die Verpflichtung eines deutschen Fahrers begrüßen. Allerdings geben sich die Bayern aufgrund ihres Verständnisses als „Global Player“ weniger lokalpatriotisch als Petrobras. „Die Nationalität ist zweitrangig“, sagt Theissen. „Entscheidend ist die Leistung.“ Williams hat offenbar eine andere Philosophie. Gerüchten zufolge plant er eines seiner taktischen Spiele, für die er seit Jahrzehnten bekannt ist: Pizzonia könnte ein Vertragsangebot erhalten, dass ihm Einsätze in den ersten vier Saisonrennen garantiert, eine weitere Beschäftigung würde von seinen Leistungen abhängen. So könnte sich Williams die Petrobras-Millionen sichern. Heidfeld würde die Anstellung als Testfahrer angeboten, mit einer Option, ab dem fünften Rennen zum Einsatz zu kommen. Das aber birgt ein gewisses Risiko, wie das Beispiel Alexander Wurz verdeutlicht: Der Österreicher testet seit 2001 für McLaren und wartet seitdem vergeblich auf einen Renneinsatz.

Es gibt noch eine weitere Option für den Deutschen. Das neue Red-Bull-Team hat bereits sein Interesse an Heidfeld signalisiert. Dort könnte er auf jeden Fall Rennen fahren, wiewohl die silber-roten Autos keinen Fortschritt zum Jordan darstellen dürften, mit dem sich Heidfeld in der Saison 2004 über die Strecken quälte.

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