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Sport: Ein sicherer Tipp

Katharina Merz kämpft heute in Karlshorst um ihren 50. Saisonsieg im Sulky

Berlin - Wenn die Konkurrenten sie im Rennen bemerken, ist es meistens schon zu spät. Denn die Amazone Katharina Merz hat eine ganz besondere taktische Fähigkeit entwickelt: Über fast die gesamte Distanz hält sich die 31-jährige Trabrennfahrerin mit ihren Pferden irgendwo im hinteren Feld versteckt. Doch wenn die Sulkygespanne aus der letzten Kurve heraus in hohem Tempo auf den Zielpfosten zurasen, hängt sie plötzlich wie ein Schatten an den Führenden. Während die meisten Fahrer wie von unsichtbaren Fäden gezogene Marionetten zu zappeln beginnen, um die restliche Kraft aus ihren Pferden zu holen, sitzt Katharina Merz fast regungslos im Sulky. Mit einer Leichtigkeit, die man sich nicht erklären kann, steuert sie ihre Pferde an den Gegnern vorbei zum Sieg.

An diese Szenerie hat sich das Publikum auf den Bahnen in Mariendorf und Karlshorst längst gewöhnt. Für die Traberfans ist es ein deutlicher Vorteil, denn eine Wette auf Katharina Merz ist fast immer ein sicherer Tipp. Und ein mathematisches Wunder: „Von drei Rennen gewinnt sie vier“, sagt der Mariendorfer Bahnsprecher Ralf Koscharé. Sein Kollege, Rennkommentator Murat Eryurt, ergänzt: „Was diese Frau anfasst, wird zu Gold.“ Mit 49 Siegen und 48 Platzierungen bei insgesamt 116 Starts war die Berlinerin in dieser Saison erfolgreicher als alle anderen deutschen Sulkyfahrer. Heute Abend (Veranstaltungsbeginn 18 Uhr) könnte sie auf der Trabrennbahn in Karlshorst mit den Hengsten Centovalli und Smart den 50. Saisonsieg erzielen.

Wenn Katharina Merz ihre eigene Leistung erklären soll, spricht sie nur von ihren Pferden: „Diese athletische Kraft und zugleich die unglaubliche Wärme und das Vertrauen, das sie dem Menschen entgegenbringen – das fasziniert mich.“

Ihr Vorbild ist die schwedische Sulkylegende Stig H. Johansson. „Stig lässt sogar im Prix d’Amerique, dem wichtigsten Rennen der Welt, die Peitsche stecken – weil er weiß, dass sein Pferd einfach alles gibt und weil er es nie quälen würde“, erzählt Katharina Merz. „Lieber fährt er in diesem Millionenrennen abgeschlagen als Letzter in den Stall zurück, als sein Pferd für eine Niederlage zu bestrafen.“ Das passiert allerdings selten, denn der Schwede hat schon über 6000 Siege erzielt. Diese Zahl wird Katharina Merz wohl nie erreichen. Aber die Fähigkeit, einen Traber einzig mit dem Gespür für die Situation zu motivieren, hat sie sich längst von ihrem Idol abgeschaut.

Heiko Lingk

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