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Sport: Ein Stück Zukunft

Nach dem siebten Meistertitel in Folge denken die Basketballer von Alba Berlin bereits an den nächsten

Berlin. Ein Ritual des Jubelns hat DeJuan Collins noch nicht verstanden. Der Aufbauspieler von Alba Berlin stand inmitten silberner Papierschnipsel auf dem Basketballparkett der Max-Schmeling-Halle und hielt eines jener überdimensionalen Biergläser in der Hand, die Emir Mutapcic ein feuchtes Problem bereiteten. Literweise hatte der Trainer von Alba Berlin das Bier aus diesen Gläsern über den Kopf gegossen bekommen. Sein schwarzes Hemd triefte vor Nässe, weshalb er es schließlich vor allen Kameras auszog. Kevin Rankin kippte sich das Bier gleich selber über und stülpte sich das Glas wie eine Krone auf den Kopf. Was aber machte DeJuan Collins? Er trank.

Obwohl Alba Berlin am Sonntagnachmittag vor 10 500 Zuschauern zum siebten Mal in Folge Deutscher Meister wurde, war von Routine bei der anschließenden Feier nicht viel zu merken. Im Gegenteil. „Ich glaube, es wird sehr heftig“, sagte Albas Vizepräsident Marco Baldi, bevor er in eine Berliner Diskothek aufbrach. „Ich spüre so eine Vibration.“ Marko Pesic erklärte, warum: „Nach all den Rückschlägen und Verletzungen ist dieser Titel der zweitschönste nach dem Korac-Cup-Sieg 1995.“ Sieht man einmal ab von Vladimir Petrovic, der erst Ende Februar kam, hat sich jeder Alba-Spieler in dieser Saison mindestens einmal verletzt.

Doch das war vergessen nach dem dramatischen 74:70 (36:40) vom Sonntagnachmittag. Alba hatte die Finalserie gegen die TSK Bamberg 3:0 gewonnen. „Es war ein Erfolg des Charakters und des Willens, nicht der spielerischen Überlegenheit“, sagte Bambergs Trainer Dirk Bauermann. Im fairen dritten Finalspiel hatte sein Team erneut in der Schlussminute verloren. Der Zivildienstleistende Guido Grünheid hatte Alba mit einem erfolgreichen Dreipunktewurf 72:69 in Führung gebracht. Bamberg, das nach der Verletzung von Aufbauspieler Derrick Taylor das dritte Finalspiel nur mit sechs Spielern bestritt, fehlte in den entscheidenden Minuten auch die Kraft. Weil ein Bamberger Sponsor die Bundesligalizenz auf ein neues Team Franken übertragen will, bangt der Finalist nun sogar um seine Lizenz.

Bei Alba aber herrscht Zuversicht. Mit dem Pokalsieg gelang der Mannschaft in dieser Saison das Double. „Das war ein Stück Zukunft“, sagte Marco Baldi. Die Verantwortlichen hatten die Mannschaft vor dieser Spielzeit umgekrempelt, verzichteten auf den langjährigen Topscorer Wendell Alexis und ließen Centerspieler Dejan Koturovic ziehen. „Wir haben gesehen, dass das eine gute Entscheidung war“, sagt Mutapcic, „wir spielen jetzt einen neuen Stil.“ Alba ist nicht mehr so berechenbar. Früher entschied Alexis die Spiele, jetzt können das mehrere Spieler.

Zum Beispiel Centerspieler Jovo Stanojevic, der prompt zum besten Spieler dieser Bundesliga-Saison gewählt wurde. Oder Vladimir Petrovic, der in wenigen Monaten zum Führungsspieler aufstieg. „Er hat sich die Anerkennung der Mannschaft erspielt“, sagte Baldi. Im dritten Finale erzielte der Jugoslawe 16 Punkte und fing neun Rebounds. Oder Mithat Demirel, der sich in dem neuen Team neben Marko Pesic zur Führungspersönlichkeit entwickelte. Der Nationalspieler hatte schon das Pokalfinale entschieden, nun erzielte er am Sonntag im letzten Viertel 13 Punkte in Folge. Mit 17 Punkten war der Matchwinner auch Topscorer. Als schwierig erwies sich lediglich die Integration des neuen Spielmachers DeJuan Collins, der in der gesamten Saison nicht konstant spielte.

Nur in der Europaliga enttäuschte Alba mit vier Siegen und zehn Niederlagen. Marko Baldi erklärt das mit dem Verletzungspech: „Wenn wir nicht aus dem Vollen schöpfen können, wird es für uns in Europa immer sehr schwer sein.“ Allerdings fehlte Alba in der Europaliga auch Vladimir Petrovic. In den Play-offs der Bundesliga stand Alba gegen Braunschweig kurz vor dem Aus, bewies jedoch im entscheidenden Augenblick den größeren Siegeswillen.

Vielleicht ist es diese Einstellung, die Alba von den anderen Klubs unterscheidet. Bereits eine Stunde nach dem siebten Meistertitel stellte sich Präsident Dieter Hauert in den VIP-Raum und verkündete: „Sieben Meistertitel in zwölf Jahren sind noch gar nichts.“ Staunend hörten Ehrengäste und Sponsoren, was der nationalen Konkurrenz große Sorgen bereiten dürfte. Hauert sagte: „Die Ära Alba hat gerade erst begonnen.“

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