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Sport: Ein Tor, viel Schweigen

In einer algerischen Zeitung soll Hans-Peter Briegel einen Betrug beim entscheidenden Vorrundenspiel zugegeben haben – doch er und seine Kollegen wollen davon weiter nichts wissen

Als Hans-Peter Briegel mitten in der Nacht ans Telefon geht, laufen in seinem Hotelzimmer in Abu Dhabi die Spätnachrichten. Der 51-Jährige weiß von all der Aufregung, die er in der Heimat und in vielen arabischen Ländern ausgelöst hat, nichts. Als Nationaltrainer von Bahrain ist er wegen des Gulf Cups in den Vereinigten Arabischen Emiraten und bereitet sich auf die schwere Gruppe mit Saudi- Arabien, Katar und Iran vor. „Meine Güte“, sagt Briegel, „das ist aber eine Aufregung wegen damals. Dabei stimmt das alles gar nicht.“

Die Aufregung dreht sich um ein Fußballspiel, das fast 25 Jahre zurückliegt. Am 25. Juni 1982 spielt Deutschland bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Spanien in der Gruppe 2 gegen Österreich. Horst Hrubesch schießt nach elf Minuten das 1:0. Wenn es beim knappen deutschen Sieg bleibt, sind beide Teams weiter. Tatsächlich schieben sich Deutsche und Österreicher den Ball bis zum Ende gegenseitig zu, ohne das noch eine nennenswerte Aktion dabei herumkommt (siehe Artikel unten). Die Überraschungsmannschaft Algerien hat nun wie Deutschland und Österreich 4:2 Punkte, aber mit 5:5 das schlechteste Torverhältnis und scheidet aus.

Im Anschluss hagelt es wütende Proteste, vor allem aus der arabischen Welt. Bis heute wird vor allem in Algerien von Betrug und heimlicher Absprache gesprochen. Nun, 25 Jahre später, soll sich Briegel für die „Schande von Gijon“ bei den Algeriern entschuldigt haben. So berichtete es die algerische, französischsprachige Zeitung „Liberté“. Die Deutsche Presse-Agentur verbreitete das in dieser Form auch hierzulande. Demnach soll Briegel in einem in arabischer Schrift erschienenen Interview mit der Zeitung „Al Ittihad“ gesagt haben: „Ja, es tut mir leid. Deutschland hat geschummelt, um Algerien auszuschalten.“ Man habe sich mit Österreich verständigt. „Ich kann mich nur bei den Algeriern entschuldigen, denn sie hatten es verdient, sich für die zweite Runde zu qualifizieren.“

Briegel muss lachen. Vor vier Wochen habe er „Al Ittihad“ ein Interview wegen des „Gulf Cups“ gegeben. „40 Fragen, und bei einer davon ging es um damals.“ Die von „Liberté“ verbreiteten Sätze seien so nie gefallen. „Als es 1:0 stand, gab es so etwas wie einen Nichtangriffspakt, weil beide wussten, sie sind weiter. Es war wie ein schweigendes Abkommen irgendwann im Spiel. So eine Konstellation gibt es bei Turnieren in vielen Sportarten. Von Absprachen weiß ich nichts.“

Akram Youssef bestätigt diese Version. Er hatte für „Al Ittihad“ das Interview mit Briegel geführt. Briegel habe gesagt, die deutsche Mannschaft hätte mehr Tore erzielen können, brauchte dies aber nicht. Das Ziel sei ein Tor gewesen. Danach habe man sich nicht mehr um weitere Tore bemüht. Er habe bedauert, dass Algerien ausgeschieden sei, habe aber ausdrücklich gesagt, dass es keinen Plan gegeben habe, Algerien ausscheiden zu lassen. „Briegel hat niemals gesagt, dass es eine Absprache vor dem Spiel gegeben hat“, sagt Youssef.

Auch Karlheinz Förster muss grinsen. „Ich kann die Wut der Algerier verstehen, die haben ein gutes Turnier gespielt. Wir haben sie ja schon im ersten Spiel unterschätzt. Aber abgesprochen hat keiner was“, sagt Förster. „Ich habe gegen Hans Krankl gespielt und der konnte uns Deutsche noch nie leiden. Bei 1:1 wären wir draußen gewesen. Ich hab mir gesagt, auch wenn es jetzt gerade mal ruhiger zugeht, pass auf den Kerl auf und bleib schön nah bei ihm, der haut uns einen rein, wenn er kann.“ Paul Breitner kann die Geschichten von damals gleich gar nicht mehr hören. „Das ist für mich schon lange kein Thema mehr.“ Auch Wolfgang Dremmler, heute Scout bei Bayern München, „weiß nichts von Absprachen, weder vorher noch in der Halbzeit. Vielleicht haben sie mir nichts gesagt, weil ich zu unbedeutend im Team war. Ich weiß nur noch, dass sich der Herbert Prohaska, gegen den ich gespielt habe, immer weiter zurückgezogen hat, mir war das ganz recht. Mehr kann ich wirklich nicht sagen.“

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